Review Leaves’ Eyes – Vinland Saga

Nach ihrem Ausstieg bei Theater Of Tragedy wandelt Liv Kristine ja mittlerweile auf Solopfaden. Zusätzlich bastelt sie gemeinsam mit den Jungs von Atrocity, der Band ihres Mannes Alexander Krull, ständig an neuem Material für die LEAVES’ EYES. Mit „Vinland Saga“ präsentiert uns die norwegisch-deutsche Kollaboration jetzt ihr zweites Album, auf dem es thematisch um die Entdeckung Amerikas durch die Wikinger geht. Die historischen Fakten sind verpackt in eine Liebesgeschichte zwischen Tyrkir dem Deutschen und einer fiktiven Frau.

Aber kommen wir einmal zur musikalischen Realität von „Vinland Saga“. Das Album beginnt direkt mit dem Titeltrack, der sich in epischer Breite mit einem dicken Orchester ausbreitet. Dazu kommt Livs Gesang, der mit einigen Effekten versehen ist. Die Instrumentalisten haben hier allerdings größtenteils erst einmal Pause. Dennoch lebt der Track von den ständigen Stimmungswechseln. Mal klingt er sehr hoffnungsvoll, dann wieder sehnsüchtig. Damit wird auch schnell die Grundausrichtung der Platte deutlich: Den LEAVES’ EYES geht es wesentlich mehr um Stimmung als um Gebolze oder Aggressivität, wie bei Atrocity.

Ebenso episch beginnt auch „Farewell Proud Men“, das von einem Percussion-Intro eingeleitet wird. Dann geht es jedoch das erste Mal richtig los. Vor dem Zuhörer breitet sich ein breiter Klangteppich aus Riffs, Drums und Livs Gesang aus. Zumindest im Chorus knallt das ganz ordentlich. In den Strophen schalten die sechs Musiker allerdings mindestens einen Gang zurück und es sind nur noch das Orchester, einige Keyboard-Einlagen und Livs Gesang zu hören. Mehr Dynamik kann man einem Stück eigentlich gar nicht geben.

Der erste weniger gute Titel auf dem Album ist der dritte Track „Elegy“. Das Stück rockt nur sehr verhalten. Und auch die flächenartigen Riffs und die leidenden Lead-Gitarren Einsätze können nicht mehr viel retten. Das Lied schwimmt für mich leider ein bisschen auf der Welle mit, die Bands wie Nightwish oder Within Temptation gerade ausgelöst haben. Deshalb ist auch eigentlich logisch, dass es zur ersten Singel von „Vinland Saga“ gekürt wurde. Wenn das bei anderen Bands schon so gut funktioniert.

Die geplagten Ohren werden allerdings sofort wieder mit „Solemn Sea“ entschädigt. Bereits im Intro legt sich Livs zuckersüße Stimme erhaben über das Orchester. Dann setzt ein fettes Riffing ein, das zusammen mit den von Alexander eingeworfenen Growls und der fetten Doublebass im Chorus für eine amtliche Portion Aggressivität sorgt. „Leaves’ Eyes“ bildet dazu dann den passenden Gegenpol. Die Akustik-Gitarre und Livs süßlicher Gesang sorgen für eine Gänsehaut-Atmosphäre. Lediglich bei der letzten Wiederholung des Chorus setzt ein dezentes Riffing ein. Ansonsten glänzt der Song mit den Ideen den Chorus bei der zweiten Wiederholung um zwei Zeilen zu erweitern und die Titelzeile nur geheimnisvoll zu flüstern.

„The Thorn“ hingegen rockt dann schon wieder wesentlich mehr. Zunächst sind zwar nur Orchester und Gesang zu hören, doch dazu gesellen sich ziemlich bald Alexanders Growls, fette Riffs und ein erdiger Groove. Insgesamt lebt der Song von diesem Dynamik-Wechsel, der häufiger vollzogen wird, und dem Chorus im Duett-Charakter, der einmal aus der Sicht Tyrkirs, und dann wieder aus der seiner Geliebten dargestellt wird. „Misseri“ hingegen setzt vor Allem auf eine pompöse Inszenierung des Orchesters. Dazu kommt die altbekannte Art Dynamik zu erzeugen, in dem man das Riffing zwischendurch immer wieder aussetzen lässt und nur die Drums, das Keyboard und der Gesang das Stück formen.

„Amhrán“ ist dann das Instrumental auf „Vinalnd Saga“. Zumindest würde ich es so bezeichnen, denn zwar singt Liv hier, doch benutzt sie ihre Stimme eher wie ein Instrument, das sich in den musikalischen Rahmen aus Keyboard, Harfe und archaisch dröhnenden Trommeln einfügt. „New Found Land“ beginnt dann mit einem geheimnisvoll düsteren Intro. Dann gehts erst mal mit Gwols und Riffs voll nach vorne los. Allerdings nur um in der Strophe die Agressivität wieder zurück zu nehmen. Nur die Drum hält hier noch die Spannung. Auffälligster Part dieses Stückes ist der episch erzählende Mittelteil. Und episch geht es auch in „Mourning Tree“ weiter. Flöten und gezupfte Gtarrenklänge leiten diesen Track ein. Dazu gesellen sich dann Keyboards, die Akustik und ein ruhiges Drumming, während Livs Stimme sich erneut über dem Klangteppich ausbreitet. Ein verdammt episches Stück, was man überigens auch schon an der Länge des Chorus erkennen kann.

Weniger ruhig geht es dann in „Twilight Sun“ zur Sache. Zwar geht es hier mit einem Keyboard-Intro und Streichern auch erst einmal verhalten zu, doch dazu gesellen sich ziemlich schnell zähe Riffs, die eine gute Schaufel Aggressivität drauf packen. In der Bridge sind dann wieder nur die Streicher zu hören. Dadurch geht allerdings der rockende Chorus erst so richtig ab! Der letzte offizielle Track auf „Vinland Saga“ ist das mit einem Wellen-Intro ausgestattete „Ankomst“. Ein Stück, das dank der zweistimmigen Akustik-Gitarren und den Streichern im Hintergrund sehr elegisch wirkt. Gleichzeitig lebt der Song einmal mehr von Livs variabler Stimme, während die Trommeln, für eine archaische Atmosphäre sorgen.

Die Limited Edition von „Vinland Saga“ ist allerdings noch voll gestopft mit weiteren Extras: Der Bonus-Track „Heal“, eine neue Version des bereits vom Vorgänger bekannten „For Amelie“, der Videoclip zu „Elegy“, ein Interview mit Liv und noch ein kleines Making Of. Insgesamt ein sehr atmosphärisches Album, mit dem Fans von ausschließlich harten Klängen nichts anzufangen wissen dürften. Für mich schwankt es so zwischen sieben und acht Punkten. Das sehr massenkonforme „Elegy“ als Singel zieht es ein wenig nach unten, während die vielen Gimmicks und Bonus-Tracks das Album wieder nach oben puschen. Zwar bin ich kein Fan von halben Punkten, aber so landet „Vinlad Saga“ bei siebeneinhalb.

Wertung: 7.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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