Review Last One Dying – The Hour Of Lead

Vor drei Jahren, so erzählt es die Legende, setzten sich drei aus drei verschiedenen Bands kommende Musiker zusammen, um zusammen ein wenig Luft rauszulassen. Das Ergebnis dieses Projekts, die EP „Anthems Of The Lost“ und deren euphorische Antizipation überraschte so einige, wahrscheinlich am meisten die Musiker selbst. Inzwischen zum Quintett angewachsen, warteten einige Gigs – z.B. beim SummerBreeze 2008 durch Voting – auf die junge Band und auch ich selbst konnte mich Ende 2008 von den Live-Qualitäten überzeugen, als LAST ONE DYING mit Unterstützung von Jeff „Mantas“ Dunn im Vorprogramm der Dänen von Raunchy das Publikum aufmischten. Nun schreiben wir das Jahr 2009 n. Chr. und endlich steht das Debütalbum „The Hour Of Lead“ in den Läden und virtuellen Regalen. Und was für ein Debüt das ist.

Ihre Einflüsse und Vorbilder von Killswitch Engage bis Unearth können und wollen LAST ONE DYING nicht verleugnen. Im Gegenteil wird umso deutlicher, wie weit es die fünf Kölner in diesen drei Jahren ihrer Bandgeschichte schon gebracht haben, denn verstecken brauchen sie sich hinter den großen Namen bestimmt nicht. Auch sollte nun klar sein, dass es weder um Folk noch um Pop geht, sondern um brutales Geknüppel mit melodischen Doppel-Gitarren. Man mag es Metalcore nennen, dem sich „The Hour Of Lead“ wohl am ehesten zuordnen ließe, wären da nicht all die Elemente, um die LAST ONE DYING ihren Sound erweitern und auch mal über den Genre-Rand schauen. So bedient der Opener und Titelsong nach einem kurzen Intro mit dem obligatorischen Wechsel zwischen Clean- und Brüll-Gesang, dem unvermeidlichen Mosh-Part und absolut typischen Gitarrenparts die Konventionen des metallischen Kerns fast schon zu gut, um noch hörbar zu sein, schafft es aber dennoch irgendwie, spannend zu sein und frischer zu klingen als viele Kollegen.

Die meisten der Songs bewegen sich im mittleren Tempobereich und kommen weiterhin sehr kernig und modern daher. Dass hier keine Anfänger die Instrumente bedienen, hört man deutlich heraus. Auch, dass nicht wild drauflos geprügelt wurde, sondern jeder Song wohl durchdacht ist, merkt man schnell. Diese Erkenntnis erhöht das Hörvergnügen noch, macht es doch deutlich, wie viel der Band an ihrer Musik liegt. „Annabel Lee“ zieht das Tempo etwas an und verbreitet gegen Ende schon fast schwarzmetallisches Feeling. Auch „Hate Me“ mit prominenenter Unterstützung durch Venom-Mitgründer Mantas an der Gitarre ist keine Nummer von schlechten Eltern und prescht ungebremst durch einige Wände. Obwohl musikalisch doch meist in die Metalcore-Ecke tendierend, klingen LAST ONE DYING nicht wie die allerneuste Kopie, die der Hype hervorbringt, sondern Würzen den bekannten Brei gekonnt. Besonders hervorzuheben sei hierbei die Gesangsleistung von Hades, der in klaren Gefilden so locker überzeugt wie in den vielen Facetten des Brüllens, die er im Laufe des Albums präsentiert. Erfreulicherweise hat Produzent Patrick „Pedi“ Karwatke in seinem Düsseldorfer Audioversum-Studio nicht den Fehler vieler seiner Kollegen wiederholt und die Stimme zu sehr in den Vordergrund gemischt. Stattdessen steht sie angenehmerweise auf einer Stufe mit den Instrumenten, wo sie sich dennoch voll entfalten kann und der musikalischen Fraktion genug Spielraum lässt.

Überhaupt ist die Produktion äußerst gelungen. Die Melodien der Gitarrenfraktion kommen genauso klar rüber wie wildes Geschreddere, der Bass brummt und Bodo Strickers Drums ballern ordentlich. Das macht die Songs von „Anthem Of The Lost“, welches durchgehend keine Gefangenen macht, über das grandios geshoutete und mit Mitsing-Refrain aufwartende „All This Time“ bis zum getragenen „Until We Meet Again“ verdammt gut hörbar. Es lohnt sich dabei, dem Album nicht nach dem ersten Durchlauf den Metalcore-Stempel aufzudrücken und es links liegen zu lassen. Damit täte man sich keinen Gefallen, denn erst nach und nach offenbaren auch Titel wie „Darkness In My Trail“ oder das an Heaven Shall Burn erinnernde „Exclude Me From Your Prayer“ ihre feinen Besonderheiten. Mit „Into The Deep“ hat sich ein würdiger Rausschmeißer gefunden, der aber andererseits auch der Startpunkt für Album Nummer zwei sein kann – schließlich lautet der volle Titel der Platte „The Hour Of Lead – The Netherworld Chronicles Part I“. Man darf gespannt sein, was der Fünfer aus Köln noch auf die Welt loslassen wird. Ob die Stadt, die auf dem Cover von grausigen Horden umzingelt daliegt, den Angriff überstehen wird?

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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