Gamla Svenske! Selten war dieser Ausruf passender, als im Frühjahr 2011. Was ist passiert? Etwas überraschend haben die Düsterrocker von LAKE OF TEARS ihr neues und mittlerweile achtes Studioalbum „Illwill“ auf den Markt geworfen und überraschen damit in beinahe jeder Hinsicht. Erinnern wir uns zurück: mit „Greater Art“ debütierten sie doom-metallisch, „Headstones“ trug ein vornehmlich akustisches Gewand, „Crimson Cosmos“ zeigte zum ersten Mal Kifferqualitäten, die nur durch das gotische „Forever Autumn“ unterbrochen wurden.
Und jetzt? Ein paar verzerrte Akkorde und dann reichlich Blastbeats, schon beim Opener „Floating In Darkness“ gibt es sogar ganz amtliche Growls, die niemals daran denken lassen würden, dass diese Band Mitte der 90er mit Balladen wie „Sweetwater“ oder „Headstones“ die Welt verzückt hat. Ein wenig pfiffen es die Spatzen beim Rock-Hard-Festival schon von den Dächern, als sich (und dem Publikum) Daniel Brennare und Co in harten Rockerposen gefielen. Trotzdem, einen solchen Stilbruch hätte ich den – Entschuldigung – alten Herren nicht mehr zugetraut. Zu Beginn wusste ich dann auch nicht so ganz, was ich damit anfangen sollte. Alles, was die Band schon immer gut konnte – technisch gute Gitarrenarbeit, anspruchsvolles Songwriting und eine coole Leadstimme – hat sie sich auf „Illwill“ bewahrt, es ist nur einfach ungewohnt. Zum Glück währt dieser Zustand nicht lange und schon sehr bald kann man sich problemlos auf die neue schwedische Härte einlassen. Der Titletrack entpuppt sich als flott dahinrockender Ohrwurm, bei dem erstmalig auch sehr gefällig soliert wird. Das Label bewirbt die Band nicht untreffend mit Dark Rock, auf „Illwill“ steht das Rock aber mehr denn jemals zu vor im Vordergrund.
Mein lieber Mann, so mancher Song zieht einem echt die Schuhe aus, „The Hating“ wirft schon fast thrashige Riffs und rhythmische Untermalung in den Raum, der Rausschmeißer „Midnight Madness“ klingt genau so, wie man es sich bei einem solchen Titel vorstellt, ein perfekter Abschluss für ein Album, welches vielleicht nicht von der ersten bis zur letzten Note vollkommen überzeugt, aber (positiv gemeint) absolut ehrliche Arbeit abliefert. Was mir als langjähriger Freund von LAKE OF TEARS fehlt, sind die wunderbaren (Halb-) Balladen, die von der Stimmung her irgendwo zwischen Sentenced und Anathema angesiedelt sind. Mit „House Of The Setting Sun“ ist nur ein halbwegs relaxtes Lied dabei, sonst gibt es wie bei „U.N.S.A.N.E.“ einige entspannte Zwischenspiele, aber auf dem ganzen Album im Prinzip sonst nichts Akustisches.
Scheiß drauf, „Illwill“ ist nicht das, was man von LAKE OF TEARS erwartet hat, aber ein tolles Album ist es allemal geworden; die Jungs verstehen ihr Handwerk und warum sollen sie es dann nicht auch mal auf metallischem Weg zeigen. Düster ist es, aber vor allem enorm rockig. Releasetermingerechte Musik für das Frühjahr, im Herbst kann man dann wieder auf die alten Scheiben zurückgreifen, die gehören fürs Erste halt in den Schrank.
Wertung: 8 / 10