Steter Tropfen hat den Stein gehöhlt, waren KYLESA am Anfang ihrer Karriere trotz starker Alben immer etwas hinter (befreundeten) Genre-Kollegen wie Mastodon zurückgeblieben. Doch harte Arbeit brachte letztlich den verdienten Erfolg und so mauserten sich die Amerikaner vom Geheimtipp zu einer Band, deren Neuveröffentlichungen zumindest von der Fanbase sehnsuchtsvoll erwartet werden. Jetzt steht die Band mit dem siebten Album in den Startlöchern, „Exhausting Fire“ soll da ansetzen, wo der Vorgänger Ultraviolet aufhörte.
Zunächst einmal fällt die Verschlankung des Line-Ups ins Auge, Tyler Newberry und Eric Hernandez sind keine offiziellen Mitglieder mehr, live wird KYLESA aber weiterhin als Quintett agieren, alleine schon, um die ungewöhnliche Zwei-Schlagzeuger-Tradition fortzuführen.
Ansonsten erscheint es, als wenn „Exhausting Fire“ in Sachen Härte etwas dezenter zu Werke geht. Dies mag aber eine Täuschung aufgrund reduzierter Screams im männlichen Gesangsbereich sein. Hier geht die Truppe tatsächlich ziemlich gemäßigt zur Sache, aber Kraft lässt sich ja nicht alleine aus Aggression schöpfen. Die vorliegenden zehn Songs zeigen dies ganz wunderbar, denn sie sind einerseits durch eine enorme Dichte der Arrangements ausgezeichnet, andererseits durch eine dadurch entstehende atmosphärische Dichte. Die mal erdig, mal richtig fett klingenden Gitarren schaffen gemeinsam mit einem opulenten Bass-Sound ein mehr als solides Fundament. Das Schlagzeug variiert geschickt zwischen rhythmischer Begleitung und break-dominierten Parts, in denen es fast die Führung übernimmt.
Fast deshalb, weil dies doch der Gesangsfraktion vorbehalten ist. Wie schon angesprochen, verhält sich Phillip Cope dieses Mal recht zurückhaltend, allerdings ist dies alleine schon aufgrund der guten Darbietungen im cleanen Bereich auch gerechtfertigt. So verschafft er „Exhausting Fire“ Energie auf die sanfte Art und lässt nebenbei viel Raum für Front-Kollegin Laura. Seien es (zweistimmige) Duette wie beim wirklich starken Rausschmeißer „Out Of My Mind“ oder längere Solopassagen wie beim halb-balladesken „Falling“, sie macht eine exzellente Figur. Sicherlich wird auch am Sound entsprechend geschraubt, so verleiht der dick aufgetragene Hall dem Gesang eine enorme Epik, aber darüber muss man nicht meckern, schließlich ist diese Variation sehr songdienlich, auch wenn das Attribut „übertrieben“ nur so gerade eben verfehlt wird.
Ein Wort noch zum Songwriting, hier zeigen KYLESA, welches Talent und welche Phantasie in ihnen steckt. Viele Songs schaffen es spielend in relativ kurzer Zeit, ganz verschiedene Stimmungen zu erzeugen, die Band spielt sehr gekonnt mit den Intensitäten und legt dabei starke Steigerungen hin, die den Eindruck entstehen lassen, das Ende würde gar nicht mehr zu dem gleichen Lied gehören, trotzdem kann man es sich nicht passender vorstellen.
KYLESA machen auf „Exhausting Fire“ also wieder sehr viel richtig. Starkes Songwriting, etwas gewagte Experimente beim Sound, instrumentelles Feingefühl und ausdrucksstarker Gesang machen die Platte für Freunde der Band und Genre-Anhänger zu einem Pflichtkauf. Aufgrund der etwas geringeren Härte und vielen eingängigen Melodien können aber auch Neugierige, die die Band bisher nicht auf dem Zettel hatten, durchaus mal reinhören.
Wertung: 8.5 / 10