Traditionalisten aufgepasst: KROKUS, ein Urgestein des Hard Rocks und eine der drei prägenden schweizerischen Bands des Genres, veröffentlichen ein Live-Album mit dem Titel „Long Stick Goes Boom (Live From Da House Of Rust)“. Der Ort der Aufnahme überrascht etwas, denn obwohl die Band fast 40 Jahre existiert und eben so lange Tourerfahrung hat, lässt man lieber nichts anbrennen – das Album wurde in der Heimatstadt Solothurn aufgenommen. „Heimat“ ist angesichts des bei KROKUS traditionell schnell drehenden Besetzungskarussells natürlich ein relativer Begriff, aber, so viel steht fest, in dieser Stadt wurde die Band 1975 gegründet.
Und hat dort offenbar viele Fans. Die Live-Abmischung von „Long Stick Goes Boom“ ist stark publikumszentriert. Bei jeder Gelegenheit hört man die Besucher des Konzerts im „House Of Rust“ schreien und klatschen – da hatten Menschen Spaß, so viel kann man sagen. Natürlich ist es eine Geschmacksfrage, wie viel Publikum man bei Live-Aufnahmen hören will, aber angesichts der in letzter Zeit überhandnehmenden sterilen Live-Scheiben erscheint „Long Stick Goes Boom“ auf angenehme Weise authentisch. Der Sound kann sich auch ansonsten sehen lassen, besonders die Gitarrenarbeit kommt klar und sauber abgenommen aus den Boxen, ohne künstlich aufgebläht zu klingen. Gut!
In der Performance macht einer Band von KROKUS’ Kaliber ebenfalls keiner etwas vor: Nahezu jeder Ton sitzt, der Gesang ist treffend und klingt frisch, die Rhythmusfraktion liefert das nötige Rückgrat. Da das in gewisser Hinsicht zu erwarten war, ist ein Blick auf die Tracklist interessanter: Wie soll sich eine Band mit 17 Studioalben beschränken, zumal, wenn sie keine Doppel-CD veröffentlicht?
Leider gehen KROKUS auch hier bei „Long Stick Goes Boom“ auf Nummer sicher und wählen den geradezu klassischen Weg: Man spielt Songs von den ersten und von den jüngsten Alben, der Mittelteil wird völlig ausgespart. Das machen andere Hard-Rock-Bands wie UFO freilich genauso, aber schade ist diese Mutlosigkeit doch jedes Mal wieder. So gibt es gleich vier Songs vom 1980-Debüt „Metal Rendez-Vous“, dazu noch zwei vom Zweitling „Hardware“ und weitere zwei vom dritten Schlag „Once Vice At Time“. Zu dieser vollen früh-80er-Dröhnung gesellen sich einige Tracks vom aktuellen Album (zwei davon in ein gelungenes Medley verpackt) und eine kleine Auswahl von den Scheiben unmittelbar davor. Natürlich genießen die Platten der späten 80er und 90er unter Fans nicht denselben Ruf wie die Klassiker, aber völlig auslassen muss man sie deshalb noch nicht. Auch auf weitere Spielereien, wie die momentan populären Akustik-Sets, verzichten die Schweizer.
Da KROKUS noch nicht viele Live-Alben veröffentlicht haben, mag man über dieses Manko hinwegsehen. „Long Stick Goes Boom“ ist ein grundsolides Live-Album voller gelungener Hard-Rock-Tracks – nur überraschend, das ist es nicht. Wer schon lange einmal wieder den schönen Klang von streckenweise fast bluesigem Hard Rock im Stil von AC/DC und, nun ja, KROKUS eben, hören wollte, sollte zuschlagen. Beim nächsten Mal dann aber bitte etwas mehr Abwechslung.
Wertung: 7.5 / 10