Korpiklaani - Jylhä

Review Korpiklaani – Jylhä

Auf dem 2018 erschienenen Vorgängeralbum „Kulkija“ stellte sich der finnische Waldclan von KORPIKLAANI auf eine Veränderung ein. Hier wählten sie bereits einen ernsthafteren Weg. Einzig mit der Tour-Edition von „Kulkija klammerte man sich noch am „alten“ Image fest und besang auf der Bonus „Beer Beer“-CD den Gerstensaft in diversen Sprachen. Scheinbar waren die Finnen noch nicht mutig genug, komplett davon Abstand zu nehmen.

Mit „Jylhä“ finden KORPIKLAANI jetzt den Mut und gehen diesen einen entscheidenden Schritt weiter. „Verikoira“ („Bluthund“) wird seinem Titel gerecht und eröffnet das Album selbstbewusst: Wuchtige Drums und hardrockiges Gitarrenspiel führen mit Attitüde in den Song. Der Track wirkt wild und macht mit dem geknurrten Einstieg in den Refrain, der sofort an Finntroll erinnert, richtig Spaß. „Tuuleton“ („Windstill“) ist ein hervorragendes Beispiel für das Wechselspiel von ruhigen und schnellen, wilden Passagen, das sich durch das gesamte Album zieht. Der Song beginnt mit Klargesang und sanft gezupfter Akustikgitarre, schwillt im Verlauf immer weiter an und bietet im letzten Drittel einen eindringlichen Höhepunkt. Das von einem mehrstimmigen Refrain getragene, langsam schreitende „Miero“ hat Potential auf zukünftigen Konzerten groß zu werden, wenn das Publikum in den Refrain einsteigt. „Levälutha“, das als erster Vorgeschmack im Oktober 2020 veröffentlicht wurde, behandelt mit einem ungewohnten Klang, bestehend aus funky anmutender Gitarre und recht schnellem Schlagzeug im Kontrast zum wehmütigen Spiel von Violine und gezogenem Gesang, die Geschichte eines frühen Massengrabes aus der Perspektive eines dort Begrabenen. Die locker-melancholische Stimmung passt hervorragend.

Genau diese Atmosphäre halten KORPIKLAANI fest, indem sie sowohl Mord(e) und nihilistische Gedanken als auch Stille musikalisch umsetzen. Mit „Niemi“, das sich auf die Morde rund um den Bodomsee bezieht, bringt das Album eines der schnellsten und düstersten Stücke, das KORPIKLAANI jemals geschrieben haben. Im Kontrast dazu folgen mit „Huolettomat“ („der Sorglose“) und „Pidot“ in der zweiten Albumhälfte ausgelassenere Songs. Den Abschluss des einstündigen Albums übernimmt mit „Juuret“ der längste Song von „Jylhä“. Er rekapituliert alles zuvor Gehörte, fängt schwermütig und schleppend an und zerfällt in der zweiten Hälfte, bevor er mit einer wahren Klangwand einen Glanzpunkt setzt.

Das Album ist im Ganzen auf eine angenehme Art ruhiger, erwachsener und auch zuweilen düsterer. Es fehlt das typische KORPIKLAANI-„Sauflied“. Doch das ist alles andere als schlimm: Nachdem alle möglichen Getränke (Bier, Vodka, deutscher Schnaps, …) besungen wurden, dürften zum Einen nicht mehr viele Alkoholika übrig bleiben. Zum Anderen tut es dem Album gut. Es erhält dadurch eine Reife, die der Band steht. Allein dadurch, dass KORPIKLAANI nicht mit juvenilem Übermut Getränke und Rauschzustände besingen, gelangt „Jylhä“ in eine ganz andere Tiefe und fordert ein, ernstgenommen zu werden. Diese Forderung ist durchaus gerechtfertigt. Es wartet kein Humppa-Kracher oder Blödel-Album. Die Band muss nicht mehr davon ablenken, dass sie facettenreich ist und (endlich?) erwachsen wurde.

Wer Spaß und Ablenkung mit diesem Album sucht und gerne wieder etwas „Feierbares“ haben möchte, der wird mit „Jylhä“ zwar nicht vollends alleingelassen, könnte aber enttäuscht werden. Wer allerdings einem erwachseneren und vielschichtigeren KORPIKLAANI eine Chance geben möchte oder sich schon lange danach gesehnt hat, der wird hier fündig.

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Wertung: 7.5 / 10

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