Korn - Untouchables Album Artwork

Review Korn – Untouchables

Die Jahrtausendwende ist eine markante Zeitgrenze. Sie wird gerne dann genutzt, wenn beispielsweise das Startdatum einer Entwicklung grob eingegrenzt werden soll. Innerhalb der Diskografie von KORN ist die Jahrtausendwende ein solcher Wendepunkt, der die Alben davor und danach deutlich voneinander abgrenzt. Denn während KORN in den Jahren 1998 und 1999 nicht nur zwei kommerziell erfolgreiche Alben auf den Markt brachten, befanden sich die Kalifornier darauf außerdem in ihrer kreativen Hochphase – etwas, was man dem Wendepunkt-Album „Untouchables“ nicht absprechen kann, aber auf eine grundsätzlich andere Art finden wird.

Während das musikalisch abwechslungsreiche „Follow The Leader“ und das hochatmosphärische “Issues” gegensätzlicher kaum sein könnten, hat „Untouchables“ kaum etwas von beiden. Stattdessen eröffnen KORN ihr fünftes Album mit „Here To Stay“ nicht nur mit dem instrumental wuchtigsten Opener ihrer Karriere, sondern geben damit auch den Roten Faden, oder besser gesagt: die erdrückend brutale Spielart, für „Untouchables“ vor. Denn während Jonathan Davis auf dem Debüt-Album und besonders auf dem Zweitwerk „Life Is Peachy“ beklemmend, kraftvoll und allen voran wütend sang, wurde diese Kraft und Wut nun auch auf die Produktion des Albums übertragen. Nie zuvor klang das Zusammenspiel der Gitarren so akkurat und messerscharf, zugleich aber auch so niederwalzend und mächtig wie auf „Untouchables“. Nicht nur das, auch das Schlagzeug wirkt auf KORNs fünften Album wesentlich präsenter als zuletzt auf „Issues“; dank der umfangreicheren Abnahme seines Instrumentes sind die Fills von David Silveria nun prominenter in der Klanglandschaft platziert, wobei besonders die Verknüpfung von Fieldys geslappten Bass und Silverias Schlagzeugspiel noch mehr instrumentale Härte in „Untouchables“ einfließen lässt.

Größter Neuerung auf dem Album und zugleich ein Gamechanger für Davis als Musiker ist dessen Gesang. Anders als auf den Alben zuvor wurde sein Gekrächze, Geschreie und Klargesang nicht binnen kürzester Zeit aufgenommen, sondern unter Anleitung eines Gesanglehrers in mehreren Monaten. Das Ergebnis lässt sich besonders in den ruhigen, halbballadesken Tracks wie „Hollow Life“ oder „Alone I Break“ hören. Außerdem wurden auf „Untouchables“ erstmalig Gesangeffekte genutzt, die Davis‘ Gesang mehr Hall („Make Belive“) und Dichte („Bottled Up Inside“) verleihen. Dennoch, obwohl Davis für seinen Gesang soviel Rüstzeug mitgegeben wurde, geht seine kraftvolle Stimme ob der übermächtigen Produktion dennoch regelmäßig in den Refrains unter („Hating“, „One More Time“). Lediglich in der Hit-Single „Thoughtless“ führt die Reduzierung der Effekte dazu, dass Davis‘ Gesang gegen die wuchtigen Riffs von Schaffer und Welch ankommt.

Trotz des brachialen Sounds gelingt es KORN erfreulicherweise dennoch, zwischen tonnenschweren Brocken wie „Blame“ oder „Wake Up Hate“ noch groovende Tracks einzubauen; „Bottled Up Inside“ oder „Beat It Upright“ leben dabei weniger von raffinierten Riffs als vielmehr von starken Motivwechseln und melodischen Mehrgesang. Ähnlich einprägsam, aber aus den anderen Gründen, sind die beiden letzten, vergleichsweise ruhigeren Tracks: Beide Songs leben von einer Steigerung, die in „I’m Hiding“ leider nicht vollständig ausgeschöpft wird, in „No One’s There“ aber voll zur Geltung kommt. Umso merkwürdiger, dass KORN ihre fünfte Platte nicht mit dieser getragenen Atmosphäre enden lassen, sondern sich nach Lied Nummer 14 noch eine Remix-Version vom Opener „Here To Stay“ als Hidden Track anschließt. Musikalisch und Stimmungstechnisch ein Bruch zum Album, den es nicht bedurft hätte.

Das Wendepunkt-Album „Untouchables“ ist klanglich nicht nur Lichtjahre von den Vorgängern entfernt, sondern hievt KORN auch spielerisch auf ein bisher nur angedeutetes Niveau. Einzig die druckvolle Produktion steht einem musikalisch ausgewogenen Album im Wege. Inhaltlich bietet „Untouchables“ vergleichsweise wenig, nur sich reproduzierende Lyrics, die den überwältigenden Eindruck des Albums schmälern, zumal Davis mit „Follow The Leader“ bereits bewiesen hatte, dass er auch andere, abwechslungsreichere Texte schreiben kann – alles in allem ein kleiner Wermutstropfen, der dank der vielschichtigen und charakterstarken Songs gerne vernachlässigt werden kann.

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Wertung: 9 / 10

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