Review Klabautamann – Numbered

Aus zwei wird eins – beziehungsweie einer: Seit dem Ausstieg von Florian Troyka (Valborg) im Jahr 2019 ist sein bisheriger Kompagnon Tim Steffens mit KLABAUTAMANN allein. Schaden hat die deutsche Institution im weiten Feld progressiv/avantgardistisch angehauchten Black-Metals zum Glück nicht: Unterstützt von diversen teils namhaften Musiker*innen und einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne hat Steffens mit „Numbered“ das vielleicht ambitionierteste Werk erschaffen, das unter dem Banner KLABAUTAMANN je erschienen ist.

Dass der Black Metal, dem KLABAUTAMANN trotz stetig zunehmender progressiver Einsprengesel bis zuletzt treu geblieben waren, auf „Numbered“ keine allzu große Rolle mehr spielt, wird schon mit den ersten Takten von „Snow“ klar: Statt Zerrgitarren hört man eine Mandoline – und als dann die Gitarren (und der Klargesang) einsteigen, fühlt man sich direkt in die Welt der späten Enslaved, Opeth oder auch Code versetzt: Zwar setzt Steffens auch auf diesem Album noch harsches Grutle-Kjellson-Growling ein („Daydream“). Die prägenden Akzente setzen jedoch die melodischen Singstimmen seiner Gäste – in besagtem Song etwa die von Anna Murphy (Lethe, Cellar Darling, ex-Eluveitie), die im Übrigen auch für den wunderbar warmweichen Mix verantwortlich zeichnet.

Daneben begeistert „Numbered“ vor allem durch eine enorme musikalische Bandbreite, ohne zu irgendeiner Zeit zerfahren oder gar ziellos zu klingen: So gelingt es KLABAUTAMANN spielend, in dem nur 4:15-minütigen „Pretending“ vom sanften Cleanteil über ruhige Passagen mit ausdrucksstarkem Klargesang und groovy Prog-Riffing bis zum rohen schnellen Schrammelriffing mit gezogenem Screaming alles unterzubringen, was „Numbered“ als Album ausmacht. Noch stärker sind KLABAUTAMANN aber tatsächlich, wo Härte gar keine große Rolle mehr spielt: Im durchweg ruhig gehaltenen „Holding On“ etwa, der mit großartigen Melodiebögen in den Gitarren wie auch im Gesang zu gefallen weiß, im progrockigen „Felt Everything“ oder im schlichtweg grandiosen „Gone“, das mit einer herrlichen Gesangsmelodie bezaubert und lediglich durch das etwas unmotivierte Fadeout am Ende noch Abzüge in der B-Note hinnehmen muss.

Nach dem in Sachen Sound wie auch Komposition eher schwer verdaulichen „Smaragd“ (2017) machen KLABAUTAMANN mit „Numbered“ eine bemerkenswerte Wandlung durch. Das betrifft nicht nur die Umformierung zum Soloprojekt oder den um Welten zugänglichere Sound, sondern vor allem die Musik selbst: Tim Steffens und Gäste haben hier ein komplexes, aber zu keiner Sekunde verkopft klingendes Album geschaffen, das gleichzeitig viel gehaltvoller und viel kurzweiliger als ein durchschnittliches 45-Minuten-Album klingt.

Komplettiert durch ein stimmungsvolles Artwork und ein spannendes Textkonzept (mehr dazu im Interview) ist „Numbered“ ein Gesamtkunstwerk, das definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätte, als es als Eigenproduktion mit nur einer Kleinstauflage physischer Tonträger (je 100 Stück von CD und LP) durch Zeitgeister Music bekommen wird.

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Wertung: 9 / 10

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