Das Cover von "Sermons Of The Sinner" von KK's Priest

Review KK’s Priest – Sermons Of The Sinner

  • Label: Ex1
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Heavy Metal

Auf seiner letzten Tour mit Judas Priest machte Gitarrist KK Downing den Eindruck, er würde gerade lieber Golf spielen, als mit einer der dienstältesten Heavy-Metal-Bands auf der Bühne zu stehen. Im Zuge seines Abgangs verkündete der Musiker zudem allerorts, wie schlecht sein Verhältnis zum Rest der Band doch sei – nur um sich anschließend zu wundern, dass ihn niemand als Ersatz für den tragischerweise an Parkinson erkrankten Glenn Tipton angefragt hat. Überhaupt sei ja alles ganz anders gewesen und Mr. Downing wollte Judas Priest nie verlassen. Weil die Tür zurück zu seiner Ur-Band offenkundig dauerhaft versperrt ist, tat sich der Gitarrist nun mit dem ebenfalls einst bei Judas Priest ausgeschiedenen Sänger Tim „Ripper“ Owens zusammen und gründete mit KK’s PRIEST eine neue Band, deren Debüt „Sermons Of The Sinner“ jetzt erhältlich ist. Ursprünglich sollte übrigens auch noch Drummer Les Binks, bekannt von Alben wie „Stained Class“ und „Killing Machine“, mit von der Partie sein, aufgrund einer Verletzung musste der den Posten jedoch kurz von den Aufnahmen an Cage-Trommler Sean Elg abtreten. Angesichts der recht offensichtlichen Seitenhiebe in Richtung Judas Priest fühlt sich das etwas eigenartig an, könnte aber dennoch ein gutes Album ergeben.

Leider ist „Sermons Of The Sinner“ aber kein besonders gutes Album geworden, sondern allenfalls ein durchschnittliches, denn hier ist einiges schiefgelaufen. Das geht damit los, dass KK’s PRIEST ihr Debüt in „Incarnation“ von einem oberpeinlichen Erzählonkel einleiten lassen, der auch auf frühen Alben von Wizard oder Majesty problemlos seinen Platz gefunden hätte. Wer hier noch nicht vor lauter Fremdscham sofort abbricht, wird mit einem Album konfrontiert, das einige wenige Höhepunkte, keinen tatsächlichen Tiefpunkt und eine ganze Reihe an reichlich belanglosen Metal-Songs nach britischem Vorbild enthält. Schon „Hellfire Thunderbolt“ offenbart eines der Hauptprobleme von „Sermons Of The Sinner“: Die Nummer lebt von – oh Wunder – „Painkiller“-mäßigem Riffing und einem Ripper, der selbstverständlich zu Screams in der Lage ist, an die Rob Halford heute nicht einmal mehr zu denken braucht. Das funktioniert, reicht aber zu keiner Zeit an das Niveau von Judas Priest heran und könnte so von jeder x-beliebigen Kapelle stammen, deren Mitglieder auf den Sound von Halford und Co. stehen.

Über weite Strecken scheint es, als setzten KK’s PRIEST alle Häkchen für den vermeintlich authentischen Priest-Sound von „British Steel“ bis „Painkiller“, also entsprechend markante Riffs und Scream-Gesang. Und während der Gesang von Tim Owens auch wirklich über jeden Zweifel erhaben ist, sind die Riffs leider oft nicht angriffslustig und die Hymnik meist nicht erhaben genug, um überzeugen zu können. Songs wie der Titeltrack oder „Hail For The Priest“ wirken einfach zu gewollt, um überzeugen zu können. Das klingt oft ganz ähnlich wie auf dem Debüt von Beyond Fear, der Band, mit der der „Ripper“ schon einmal vergeblich versuchte, an seine Zeit bei Judas Priest anzuknüpfen. Man fühlt sich nicht selten an jene herzzerreißende Szene aus Tenacious Ds „The Pick Of Destiny“ erinnert, als Kyle Gass ohne Jack Black einfach nicht überzeugen konnte: KK Downing ist ohne seine ehemaligen Mitstreiter eben nur KK Downing – ein fähiger Gitarrist, aber nur durchschnittlicher Songwriter.

Natürlich ist auch bei KK’s PRIEST nicht alles schlecht und „Sermons Of The Sinner“ kein Totalausfall. Mit „Raise Your Fists“ liefert die Truppe ungeachtet des plakativen Titels z. B. eine starke Hymne ab und „Wild And Free“ ist ein cooler Old-School-Rocker im Fahrwasser früher Saxon. Am meisten kann jedoch „Sacerdote y Diablo“ überzeugen, denn diese Nummer zeigt, wie gut  das Songwriting von KK Downing und seiner Mannschaft mitunter sein kann. Mit starken Riffs, einem mitreißenden Refrain und gelegentlichen Gänsehautmomenten dank erhabener Dualgitarren ist dieser Song klar die stärkste Nummer des Albums. Doch auch die kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Sermons Of The Sinner“ weit weniger ist, als es hätte sein müssen. Selbst im Studio haben KK’s PRIEST falsche Entscheidungen getroffen, denn ihr Debüt kommt mit viel zu dünnem Sound und drucklosem Schlagzeug aus den Boxen. Das wäre noch verschmerzbar, allerdings wurde die Platte obendrein derart schlampig gemastert, dass in jedem Song deutliches Knacksen durch Übersteuerung zu vernehmen ist. Das kann niemandem verziehen werden und schon gar nicht einem Profi wie KK Downing, weil es schlicht in einem fehlerhaften Produkt resultiert ist.

Die traurige Kernbotschaft von „Sermons Of The Sinner“ ist: Judas Priest können ohne KK Downing, aber KK Downing offenbar nicht ohne Judas Priest. Sicher, KK’s PRIEST verstehen ihr Handwerk und jeder Fan von traditionellem Metal kann ihr Erstlingswerk hören, ohne einen Song überspringen zu müssen. Dennoch enttäuscht „Sermons Of The Sinner“ mit durchschnittlichen Songs und plattesten Texten, die niemals die Qualitätskontrolle von Judas Priest bestanden hätten. Die hohen Erwartungen, die man an einen großen Alten der Metal-Szene wie den federführenden Gitarristen hat, kann dieser mit seinen Mitstreitern nicht erfüllen. Wer absolut gar nicht bis zum nächsten Album von Rob Halford und seiner Mannschaft warten kann, greift auch hier zu, alle anderen warten mindestens, bis „Sermons Of The Sinner“ zum kleinen Preis verramscht wird. Und das stümperhafte Mastering ist natürlich nicht weniger als eine Unverschämtheit.

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Wertung: 5 / 10

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Ein Kommentar zu “KK’s Priest – Sermons Of The Sinner

  1. Servus Thomas,

    zutreffende Review! Das hätte wirklich ein geniales Projekt werden können, aber es fühlt sich, wie du auch sagt, viel zu gewollt an. Was ich allerdings richtig ärgerlich finde, sind das schlechte Mastering und vor allem die häufigen Spielfehler. Vor allem die Soli sind unter aller Sau und rauben einem den Hörspaß.

    Cheers

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