Der erste Eindruck ist etwas sehr, sehr Wichtiges. Er kann darüber entscheiden, ob ein Rezensent eine Band von vorneherein scheiße findet und jeden guten Aspekt überhört oder genau das Gegenteil stattfindet. Die deutschen Landsmänner von KHAOS AEON scheinen die Taktik zu verfolgen, im Voraus extra tief zu stapeln, damit die niedrigen Erwartungen bis ins Unermessliche übertroffen werden – anders ist es nicht zu erklären, dass mir diese Band ihr Material in einem flachen Rohling-Jewelcase zuschickt, dessen „Cover“ aus einem offensichtlich am Heim-PC auf weißem Papier ausgedruckten Logo besteht. In diese dürftige Verpackung wurden gleich zwei CDs gequetscht, eine davon ein mit Jungenschrift beschrifteter Rohling, dessen Inhalt sich als die vorher schwer vermisste Bandinfo samt Booklet im pdf-Format entpuppt.
Man kann sich denken, in welchem kilometertiefen Keller meine Erwartungen vor sich hindümpeln, als ich die zweite CD in die Anlage bugsiere…
…und dann geht die Tiefstapler-Taktik auf: Mir klappt schier die Futterluke runter, als mit einem druckvollen Sound fies-düstere Leads mit einer fetten Dampfwalzen-Rhythmusfraktion aus den Boxen knallen und dazu ein Sänger bellt, der Großmeister Jon Nödtveidt zum Verwechseln ähnlich klingt. Überhaupt scheinen Khaos Aeon die alten Dissection-Klassiker eingehend studiert zu haben, denn nicht nur so mancher Melodie-Riff, nein, auch die Songstrukturen erinnern stark an die schwedischen Meister: Black Metal-Geholze geht hier eine gelungene Koalition mit fett stampfenden Death Metal-Rhythmen ein, im gehobenen Midtempo galoppieren die Songs durch frosterstarrte Landschaften und immer wieder bleibt Zeit, um majestätische Schredderriffs über eine ehrfürchtig dahinschreitende Rhythmuskulisse zu jagen. Beiläufig eingestreute Akustikparts sorgen zusätzlich für Atmosphäre und runden das Gesamtbild gekonnt ab.
Natürlich ist aber auch hier nicht alles perfekt: Manchmal wirken die Kompositionen noch so, als wüsste man nicht genau, wo man hinwolle; über weite Strecken fehlt des Öfteren der Spannungsträger, der den Hörer gefesselt hält. Manche Parts wirken noch etwas belanglos, doch im Großen und Ganzen kann „Daath – Opening of the Abyss“ überzeugen. Einer Band, die schon im Demostadium derart gelungene Werke vorweisen kann, ist eine Weiterentwicklung und Verfeinerung des eigenen Sounds durchaus zuzutrauen. Ich bin gespannt, ob das nächste Album mit perfektionierten Kompositionen daherkommt, aber bis dahin kann man sich mit der so betitelten Abgrundöffnung herzallerliebst vergnügen. Oder darüber rätseln, in welcher Form das nächste Khaos Aeon-Glanzstück bei mir eintrudelt. In Zeitungspapier eingewickelt? Gänzlich unbeschriftet? Egal, ab heute ist der erste Eindruck eh nicht mehr so wichtig.
Keine Wertung