Review Ketzer – Cloud Collider

Bei allem Schubladendenken haben Genres doch auch etwas Schönes: Es gibt Unmengen spannender Bands, denen es tierischen Spaß macht gepflegt auf Genrevorgaben und -grenzen zu pfeifen. Als KETZER dies mit ihrem letzten Album „Starless“ getan haben, war der Aufschrei groß und die Empörung noch größer. Wie kann es eine Black-Thrash-Band nur wagen, plötzlich Post-Rock zu spielen? Gut, dass sich KETZER von negativen Kommentaren nicht haben beeinflussen lassen und uns daher mit „Cloud Collider“ erneut ein ganz eigenes und anspruchsvolles Album präsentieren. Im Gegensatz zu „Starless“, dürften diesmal aber auch wieder Fans der ersten Alben zufrieden sein.

Dabei machen KETZER aber nicht wirklich einen Schritt zurück, sondern spielen eher einen Hybrid aus Post-Rock, Thrash-, Death- und Black Metal. Sozusagen eine Art Best-Of der bisherigen Band-Historie. Bereits der Opener „Keine Angst“ brilliert mit dieser ganz eigenen Mischung. In den Strophen dominieren kantige Thrash-Riffs, während der Refrain ein ganz großer Post-Rock-Moment ist. Die zum Teil auf deutsch gekeiften Lyrics des Tracks erzeugen eine noch düsterere Stimmung und man fühlt regelrecht den drohenden Sturm, der sich auf dem Cover zusammenbraut. Die unterschwellige Aggression bricht spätestens im folgenden „Walls“ los und macht klar: Vorhersehbar sind KETZER definitiv nicht, denn nach „Starless“ hätten wohl die Wenigsten einen Song wie diesen erwartet.

Höhepunkt in Sachen Brachialität und Wucht ist der Titeltrack, der sich dabei aber nicht einfach in blinder Aggression ergeht, sondern durch eine ausgeklügelte Mischung aus melodischen Parts und derben Riffs glänzt. Überhaupt ist die Gitarrenarbeit auf „Cloud Collider“ über jeden Zweifel erhaben und trägt entscheidend zur Vielschichtigkeit des Albums bei. Neben dem kompositorischen Abwechslungsreichtum verstehen es KETZER aber auch eingängige Hooks zu schreiben und das im positivsten Sinne. Besonders „No Stories Left“ und „This Knife Won’t Stay Clean Today“ warten mit Parts auf, die sich direkt ins Hirn fressen und von da auch nicht mehr so schnell verschwinden. Die bereits von Chapel Of Disease besungene Kunst repetitiver Musik und Lyrics wird hier geradezu zelebriert. Und wer sich beim Hören von „No Stories Left“ verwundert die Ohren reibt, ja, da keift tatsächlich niemand geringeres als Proscriptor McGovern von den legendären Absu.

Haben KETZER mit „Cloud Collider“ also ein Album ohne Schwächen abgeliefert? Fast! Die Produktion aus der Klangschmiede E hätte noch etwas druckvoller und räudiger ausfallen können, um auch das letzte bisschen Verzweiflung und Wut aus der Musik zu kitzeln. Schließlich klingt der abschließende Track „Light Dies Last“ im Vergleich zum Rest des Albums fast schon wie eine B-Seite. Aber das ist Kritik auf hohem Niveau und schmälert nicht die Leistung der Band. „Cloud Collider“ ist definitiv bereits jetzt eines der spannendsten und anspruchsvollsten Alben des Jahres.

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Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Juan Esteban

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