Auch wenn „Kesä“ das gleichnamige Debütalbum der Finnen (wer hätte es bei dem Bandnamen gedacht) KESÄ ist, sind die verantwortlichen Protagonisten in der einheimischen Szene offenbar keine Unbekannten. Aktiv sind oder waren sie bei u.a. bei Lighthouse Project oder Total Recall. Dies als Information für alle, die sich im (Post) Punk aus dem Land der 1000 Seen auskennen.
Alle anderen können aber nun auch auf „Kesä“ zurückgreifen, eine kurze, kompakte Platte, die dem Namen nach den Sommer in die Welt trägt. Nun kann man natürlich darüber philosophieren, ob man dieses Gefühl auch hätte, wenn man die Übersetzung von KESÄ nicht zur Verfügung hätte. Fakt ist aber, die Scheibe ist leicht wie eine Feder, warm(herzig) wie ein Hirtenfeuer in dunkler Nacht und berührend wie ein liebes Wort.
Man merkt schon, worauf die Sache hinausläuft, zu der post-punkigen Attitüde gesellt sich auch eine gewaltige Prise Neo-Romantik, wobei die Band dankenswerterweise auf Kitsch und die meisten Klischees verzichtet. Ohne Scheuklappen musiziert man einfach drauflos und alle typischen Merkmale der Musiksparte sorgen doch für eine gewisse Einzigartigkeit – auch wenn die Szene als solche nicht so riesig ist, dass man sich als Newcomer dringend eine ganz eigene Nische suchen muss.
Jedenfalls dominieren flinke akustische Gitarren, der Bass nimmt eine gewisse Führungsposition ein, dezent werden Keyboards im Stil der elektrisch geprägten 80er eingestreut und der Gesang kommt in praktisch keiner Sekunde ohne Hall aus. Was ein wenig fehlt ist die Eingängigkeit der Musik. Gut anzuhören sind KESÄ ohne Frage, aber auch aufgrund der Umsetzung in der für mitteleuropäische Zungen nahezu unerlernbaren Sprache findet man sich nur schwer in „Kesä“ zurecht. Trotz geringer Spielzeit von gerade einmal 30 Minuten bleibt auch nach einigen Durchläufen nur das herzige „Säde“ hängen, auffällig ist ansonsten noch der Rausschmeißer „Pääskyvouri“, bei dem die Band auch einmal in die Vollen geht.
Auch wenn es sonst nicht üblich ist, sei hier noch ein Wort zum Artwork verloren. Auf den ersten Blick ist vor allem das Cover schlicht als „schlecht“ oder „albern“ zu bezeichnen. Davon muss man auch nicht abweichen, wenn man eine gewisse Art von eigenem Humor unterstellt. Das Booklet hingegen ist fein, Bilder längst vergangener Tage (Mode, Architektur und Zustand der Bilder lassen die 70er vermuten) versetzen den Hörer als Betrachter direkt in Hakan Nessers „Kim Novak badete nie im See von Genezareth“. Schön und wahrlich romantisch.
Gut, vom Betrachten hübscher Bilder alleine wird der Musikkonsument nicht glücklich. „Kesä“ ist eine ansprechende Platte mit dezenten Mängeln, für ein Debüt ist es allemal gut geeignet, aber der ganz große Wurf ist das noch nicht. KESÄ können auf ihrem Debüt aufbauen und Freunde genannter Bands bzw. der Szene generell können sicher mal ein Ohr riskieren.
Wertung: 6.5 / 10