Die Eheleute Davide Tiso und Karyn Crisis machten in der Vergangenheit zusammen Musik und werden dies auch weiterhin in Zukunft machen, denn: Ephel Duath waren, KARYN CRISIS‘ GOSPEL OF THE WITCHES werden sein. Mit der Auflösung ihres Avantgarde-Projektes im Dezember letzten Jahres mussten die Fans der Beiden nun mit „Hemmed By Light, Shaped By Darkness“ (2013) als Abschiedsalbum Vorlieb nehmen und sich mit einem entmutigt klingenden Tiso konfrontiert sehen. Aber noch im gleichen Monat stellte seine Gattin KARYN CRISIS‘ GOSPEL OF THE WITCHES der Öffentlichkeit vor, in der Tiso erneut den Sechssaiter bedient, sodass der Gedanke aufkommt: Wie viel Ephel Duath wird wohl im Debüt „Salem’s Wounds“ innewohnen?
Bereits nach den ersten Minuten des Hörens und dank des Einlesens in den Schaffungsprozess von jenem Album wird deutlich, dass in ihm sehr viel Karyn Crisis steckt: Die hochspirituelle wie malerisch veranlagte Amerikanerin schuf mit „Salem’s Wounds“ ein Abbild ihres Innenlebens, so wie es ihr Ehemann Jahre zuvor mit Ephel Duath machte. Dieser verlor sich darin und schrieb zuletzt ein Album, dessen Strukturlosigkeit das Ende der Band nicht hätte besser einleiten können. Man hofft doch, dass sich das Projekt KARYN CRISIS‘ GOSPEL OF THE WITCHES und die Persönlichkeit Karyn Crisis den nötigen gesunden Abstand voneinander bewahren werden, denn obwohl sich der Erstling nicht zu einem Fels in der Musiklandschaft mausern kann, gelingt es ihm zumindest aufhorchen zu lassen, zuweilen sogar zu erstaunen.
Vordergründig im tieftönigen Bereich agierend, kreieren KARYN CRISIS‘ GOSPEL OF THE WITCHES sehr Doom-lastige Musik mit einer zu Beginn schroff klingenden Crisis, die erst im letzten Viertel der Platte mit ihrem klaren, sehr melodischen Gesang überrascht und fesselt. Hingegen sie sich zuvor durch die schleppenden Tracks keifte, scheint „Pillars“ nicht nur diesbezüglich eine musische Zäsur darzustellen, denn auch der bedächtig klingende Takt der vorherigen Lieder wandelt sich zu einem minimalistischeren, tatsächlich berührenden Klang. „The Secret“ sowie der Titeltrack liefern für mich somit die markantesten Minuten und die Erkenntnis, dass Crisis erst mit Tisos geringen bis gar nicht vorhandenen Gitarrenbeitrag zu Höchstform aufläuft. Die letzten beiden Tracks beenden diesen temporären Zauber leider, denn sie reihen sich nahtlos in die zähe, nahezu unveränderlich bleibende Struktur der meisten Songs auf „Salem’s Wounds“ ein.
KARYN CRISIS‘ GOSPEL OF THE WITCHES sind mitnichten eine Kopie von Ephel Duath, geschweige denn eine deren Erbe tragende Band. KARYN CRISIS‘ GOSPEL OF THE WITCHES klingen geordnet und wohl überlegt, dadurch aber eben sehr unspektakulär. Jedoch offenbaren die genannten, sich deutlich abgrenzenden Lieder, dass unter dieser müßigen Oberfläche etwas Fesselndes brodelt, was aus unerfindlichen Gründen (noch) im Zaum gehalten wird, sich auf den zukünftigen Veröffentlichungen aber hoffentlich mehr Raum verschaffen kann.
Wertung: 6 / 10