Nach sieben Jahren Funkstille gaben KARMA TO BURN im vergangenen Jahr wieder ein erstes Lebenszeichen von sich. Nun will es das Trio, das sich 2002 aufgrund der Heroinabhängigkeit von Bassist und Bandkopf Rich Mullins auflöste, mit seinem neuen und mittlerweile vierten Langspieler noch einmal versuchen. Die österreichischen Napalm Records haben sich diese Chance nicht entgehen lassen und die begehrten Instrumental Stoner-Rocker für den Release ihres neuen Albums „Appalachian Incantation“ kurzerhand unter Vertrag genommen.
Und bevor die ersten Töne aus der Anlage in die Lauscher der Käufer dringen, wird anhand der – wie gewohnt – schlicht mit vermeintlich wahllos zusammengewürfelten Zahlenkombinationen als Tracktitel klar: KARMA TO BURN haben sich inhaltlich nicht verändert. Dass die US-Amerikaner zudem in musikalischer Hinsicht nichts verlernt haben und ohne große Probleme an ihre alte Qualität anknüpfen können, offenbart schon der Opener „44“ mit seinem bis zu den Wurzeln des Stoner Rocks erdigen Sound, der direkt aus den ’90ern zu kommen scheint. Dazu begibt sich Gitarrist William Mecum noch auf ein paar Lead-Ausflüge und versprüht feinsten Hard Rock-Flair.
Während „41“ zum ersten Mal an Fahrt aufnimmt und mit abermals straight rockender Gitarrenarbeit zu überzeugen weiß, sticht „Waiting On The Western World“ nicht nur mit dem über eine Zahlenkombination hinausgehenden Titel aus den restlichen Stücken heraus. Beim ersten von zwei Tracks mit Gesang gibt sich Daniel Davies von Year Long Desaster, der Nebenband von Rich Mullins, mit seiner einzigartigen Stimme die Ehre und bannt einen wahren Stoner Rock-Reisser auf den Silberling. Alle, die gerne mehr davon hören wollen, dürfen sich freuen, denn: KARMA TO BURN wollen Ende des Jahres ein komplettes Album mit Davies hinter dem Mikrofon einspielen.
Als zweiter nicht rein-instrumentaler Song fungiert „Two Times“, für den die Stoner Rock-Legende John Garcia (Kyuss) verpflichtet werden konnte. Nach diesem weiteren Ausnahmestück bleibt es allein eine Frage des Geschmacks, ob man Garcia oder Davies den Vorzug gibt. „Appalachian Incantation“ erfährt durch beide Songs jedenfalls eine willkommene Abwechslung und musikalische Bereicherung, die aber nicht über den ohnehin schon überdurchschnittlichen Gesamteindruck der Scheibe hinwegtäuschen soll.
Letztendlich ist es pure Geschmackssache, ob man sich knappe 40 Minuten instrumentalen Stoner Rock, der über weiteste Strecken ohne Gesang auskommt, wirklich geben mag. Man kommt aber nicht umhin, Mastermind Mullins – der seine Heroinsucht inzwischen überwunden hat – zu glauben, wenn er sagt, dass seine Musik stark von der Geographie seines Heimatlandes, wie auch schon der Albumtitel andeutet, beeinflusst ist. „Appalachian Theory“ wirkt nämlich tatsächlich wie ein instrumentaler, sich durch ideenreiches Riffing ausdrückender Reiseführer durch Amerikas Osten. KARMA TO BURN erleben damit definitiv ihren zweiten Frühling und wir dürfen gespannt sein, was sie uns in Zukunft noch über den großen Teich schicken werden.
Wertung: 7.5 / 10