Nachdem sich die Schweden KARDINAL SIN bereits kurz nach ihrer offiziellen Gründung 2014 ins Studio verzogen haben, mussten Fans und Freunde der Band bis Anfang 2018 warten, um das Debüt „Victorious“ in den Händen zu halten. Neben diversen Besetzungswechseln ist diese Wartezeit wohl vor allem mit der lebensgefährlichen Erkrankung eines der Bandmitglieder zu erklären – da der Name der CD auf diesen Kampf mit der Krankheit anspielt, dürfen wir wohl zum Sieg gratulieren. Es mag dieser Entstehungskontext sein, dass ich glaube, dem Album hier und da etwas Jubilierendes anzuhören. Ich verstehe es von Herzen.
Dass man es mit einer ehemaligen Accept-Cover-Band zu tun hat, ist zu keiner Sekunde mehr zu hören. Statt teutonischem Traditionsstahl servieren die Schweden einen teilweise am Bombast des Symphonic Metals orientierten Power-Metal-Sound, der zwar hin und wieder ordentlich Dampf macht, unterm Strich aber doch recht glattgebügelt und kalkuliert klingt. Die zumeist im mittleren Tempo angesiedelten Songs zeugen sowohl kompositorisch als auch hinsichtlich der Produktion von einem hohen Professionalitätsgrad, sind also zielsicher aufgebaut und gekonnt abgemischt, was vor allem dem Genre-typischen Bombast zugutekommt. Eine gewisse Vorliebe für Keyboards muss man aber schon mitbringen, um sich in „Victorious“ einzufinden.
Im Großen und Ganzen bietet die CD sehr melodiösen Power Metal, der vor allem auf eingängige, manchmal etwas pathosschwangere Refrains setzt, die aber wie im Falle des Openers „Patria (Fatherland)“ oder dem Titelstück ziemlich gut funktionieren. KARDINAL SIN profitieren dabei stark von ihrem ziemlich guten Sänger, der mit seiner glasklaren Stimme vor allem die höheren Bereiche abdeckt und (leider viel zu selten) auch mal etwas Härte in seinen Gesang legt. Auch die gefühlvollen Gitarren-Leads wie bei „S.I.N.“ wissen zu gefallen. Aber wirkliche Höhepunkte sind doch eher rar gesät; das liegt in erster Linie an dem zu generischen Riffing sowie den auf Dauer ohne größere Spannungen auskommenden Songstrukturen. Zudem gibt es mit „Bells Of Notre Dame“ eine völlig überflüssige Coverversion eines Disney-Songs, die sich eigentlich vom Original nur in puncto E-Gitarren unterscheidet, ansonsten aber genauso kitschig und infantil ausgefallen ist. Die Band mag zu dieser Aufnahme ihre Gründe gehabt haben; ob es gute Gründe waren, sei dahingestellt. Fans bombastischen Power Metals dürfen bei „Victorious“ gerne reinhören; dem Quintett aus Schweden ist ein stilbewusstes, wenn auch leider streckenweise etwas zahnloses Debüt gelungen, dem es nicht an technischem Können, dafür aber an ausgefallenen Ideen mangelt.
Wertung: 6.5 / 10