Die Eisenwald Tonschmiede aus dem thüringischen Eisenach hat mit ihren internationalen Black-Metal-Signings in den vergangenen Jahren ein gutes Händchen bewiesen und so geschätzten Acts wie Uada, Panzerfaust, Ungfell, Turia und Fluisteraars zu einiger Bekanntheit verholfen. Nun hat das Label wieder einmal direkt vor der eigenen Haustür gefischt: Mit „Dunkle Millennia“ ist jüngst das Debüt einer 2016 gegründeten Gruppe aus dem grünen Herzen Deutschlands in den Handel gekommen. „Thüringer Schwarzmetall“ lautet denn auch der Titel eines auf der Scheibe befindlichen Songs.
Wer nun davon ausgeht, es handle sich bei KANKAR um lokalpatriotische Naturromantiker, der irrt. Mit Ausnahme des genannten Tracks ist davon auf dem vorliegenden Erstlingswerk nichts zu finden. Vielmehr beschäftigt sich das Duo in den Lyrics mit der Conditio humana – und beschränkt sich dabei, wie sich das für Schwarzmetaller eben gehört, auf die dunklen, die aggressiven Triebfedern unserer Art, namentlich etwa „Geiz“ und „N.E.I.D.“. Mit derartiger Ausrichtung ist die Gruppe unter Acts wie ihren Labelmates Uada oder den Polen von Mgla in guter Gesellschaft, ohne mit ihren auf Deutsch gehaltenen Texten an die philosophische Tiefe letzterer heranzureichen.
Auch musikalisch taugen die genannten Gruppen als Referenzen, zumindest was die melodischeren Momente der Gitarrenarbeit anbelangt. Denn KANKAR hat mit der klirrenden, unterproduzierten Raserei mancher Kollegen ebenso wenig zu tun wie mit den sphärisch-melancholischen Klangwänden anderer. Stattdessen lässt die Band gerne die Muskeln spielen und präsentiert sich auf eine Art kraftvoll, die an Inquisition erinnert, von deren Dagon Gitarrist und Vokalist Stríð hörbar den einen oder anderen Kniff gelernt haben dürfte – allen voran, mit der E-Gitarre eine mächtige, druckvolle Soundwand zu erzeugen, die auch die tiefen Frequenzen mit abdeckt. Damit fahren die Thüringer gut, treten sie doch, wie ihre aus Kolumbien stammenden Kollegen, bisher auch live in Zweierbesetzung auf.
Der Inquisition-Vergleich greift auch in Bezug auf die Vocals: Hier bringt Stríð zuweilen ein ebenfalls an Dagon, aber auch an Abbath gemahnendes Knarzen hervor, dem hohe Screams und tiefes Grunzen zur Seite stehen, was dem Klangbild zu mehr Abwechslungsreichtum verhilft. Ebenso wie die clean gesungenen Passagen, die ein episches Gefühl heraufbeschwören, ähnlich wie es die Kollegen von Horn nutzen. Auch die Tatsache, dass die jungen Musiker nicht straight nach vorne holzen, sondern ihr Material mit interessanten Breaks auflockern, trägt zu einem kurzweiligen Hörerlebnis bei. Als Paradebeispiel sei die Vorabauskopplung „Zerfall des Lichts“ genannt, die mit ihrem Wechselspiel aus zähflüssigen, beinahe rockigen und nach vorne blastenden Parts als Albumhighlight durchgeht.
Dabei sind die Songs in ihrer Struktur an sich in keiner Weise überdurchschnittlich komplex, setzen vielmehr auf ein klassisches Strophe-Refrain-Schema. Als Kritikpunkt taugt das kaum: Zu eingängig und mitreißend sind daraus resultierende Nummern wie „Vergeltung“ oder der Titeltrack, die regelrecht Hitpotenzial haben.
Ganz an die genannten Referenzbands anschließen können KANKAR damit noch nicht – was den Newcomern zugestanden sei und kein Beinbruch ist. „Dunkle Millennia“ zeigt eine Band, die noch dabei ist, an ihrer Handschrift zu feilen. Der eingeschlagene Weg ist allerdings goldrichtig, klingt die Platte für das Debüt zweier Jungspunde doch erstaunlich professionell und fokussiert. Die transparente Produktion aus der Klangschmiede E von Empyrium-Kopf Markus Stock trägt dazu ihr Übriges bei. Wer melodisch-eingängigem und doch brutalem Black Metal mit deutschen Texten nicht abgeneigt ist, sollte das vorliegende Album also anchecken und die Burschen im Auge behalten.
Wertung: 7.5 / 10