Julie Christmas - Cover

Review Julie Christmas – Ridiculous And Full Of Blood

JULIE CHRISTMAS ist fraglos die Queen des Post-Metal: Nach legendären Alben von Projekten und Bands wie Made Out Of Babies oder Battle Of Mice in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts konnte die New Yorkerin diesen Status spätestens mit der Cult-Of-Luna-Kollaboration „Mariner“ zementieren. Ihr herausragendes erstes Soloalbum „The Bad Wife“ von 2010 dagegen hat zwar in der Post-Metal-Bubble durchaus gute Kritiken bekommen, trotzdem wurde Christmas damit nicht die eigentlich verdiente Beachtung zuteil. 14 Jahre später gibt es nun mit „Ridiculous And Full Of Blood“ den Nachfolger auf die Ohren – und dieser hat es wirklich in sich und vereinigt auf großartige Weise alle Facetten von Christmas’ musikalischer Persönlichkeit.

Allein die Liste der beteiligten Musiker macht die Band hinter JULIE CHRISTMAS schon fast zu einer kleinen Post-Whatever-Supergroup: Für das Rhythmusfundament sorgen KEN-Mode-Bassist Andrew Schneider und Spotlights-Drummer Chris Enriquez, während Cult Of Lunas Johannes Persson und John LaMacchia (Candiria) mit ihren Gitarren den Mittenbereich bedienen – und dabei auch spielerisch sehr gut harmonieren. Dass mit dem Keyboarder Tom Tierney ein Spezialist für elektronische Klänge zur festen Besetzung gehört, lässt aufhorchen und auf spannende Arrangements und Details hoffen. Unterm Strich klingt das internationale Sextett nicht wie eine beliebige Studiosessionband, denn man kann die Spielfreude in jedem Takt hören.

Ganz allgemein zeigen die zehn Kompositionen auf „Ridiculous And Full Of Blood“ das komplette musikalische Spektrum von JULIE CHRISTMAS’ Karriere auf: Von Noise-Rock über Post-Metal bis hin zu Shoegaze oder sogar punkigen Klängen ist alles dabei, was die Sängerin in der Vergangenheit stimmlich bedient hat. Sie selbst bleibt sich dabei treu: Von spooky Flüstern bis hin zu hysterischem Gekreische präsentiert sie souverän und in jedem Moment emotional authentisch die gesamte Bandbreite ihres charakteristischen Organs – was nicht bedeutet, dass die gute Frau nicht auch einfach „klassisch gut“ singen kann (wie in der überraschend straighten Vorabsingle „Supernatural“, mehr Alternative Rock als Post-Noise-Irgendwas, hörbar ist). Nichtsdestoweniger sollten Zuhörer:innen sich bewusst sein, dass Christmas’ für manche Ohren vielleicht auch anstrengendes Organ fraglos die Antithese zur Vocal-Arbeit von z. B. Sharon den Adel (Within Temptation) oder auch Floor Jansen (Nightwish) ist.

Das auf „Ridiculous And Full Of Blood“ gebotene Songmaterial gibt sich insgesamt eine Spur zugänglicher als die Songs auf dem Vorgänger „The Bad Wife“ und ist mehr als nur eine unspektakuläre Melange des sonstigen Schaffens der verschiedenen Musiker. Klar, wenn Johannes Persson bei „The End Of The World“ ans Mikro tritt, hat das Ganze schon ein wenig Cult-Of-Luna-Feeling. Trotzdem sind die Songs mit drei bis sechs Minuten (für Post-Metal-Verhältnisse) eher kompakt, die Arrangements durchaus songorientiert und abwechslungsreich, dabei jedoch verspielt und ab und an sogar richtig catchy. „Silver Dollars“ wartet mit einem fantastischen Schlusspart auf, während der fast schon balladeske Ohrwurm „The Ash“ wohl so etwas wie den heimlichen Hit des Albums darstellt.

So hat „Ridiculous And Full Of Blood“ ohne Frage das Zeug dazu, JULIE CHRISTMAS’ einzigartige und emotional intensive Musik einem breiteren Publikum schmackhaft zu machen. Obwohl sie und ihren Mitstreiter hier absolut kein Easy-Listening bieten, sind die Songs kompakt und eingängig genug, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Wer Fan der genannten Genres ist und sich mit dem Schaffen der New Yorkerin noch nicht beschäftigt hat, sollte dies spätestens jetzt nachholen – und wird es sicher nicht bereuen.

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Wertung: 9.5 / 10

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