James LaBrie ist bei seiner Hauptband Dream Theater ja immer so etwas wie das fünfte Rad am Wagen. Kaum jemand interessiert sich für das stimmliche Aushängeschild der Progmetal-Allstars, spielen doch seine Kollegen aus der Instrumentalfraktion genug Noten, um ganze Heerscharen aufstrebender Musiker und euphorisierter Fans bis in die Ewigkeit zu beglücken. Da verwundert es nicht, dass LaBrie zum mittlerweile vierten Male eigene Sache macht. Nach zwei progressiv ausgerichteten Alben unter dem Banner „Mullmuzzler“ und dem Modern Metal-Kracher „Elements Of Persuasion“ unter seinem eigenen Namen folgt nun „Static Impulse“.
Ein Album, das genau dort ansetzt, wo der überaus gut geglückte Vorgänger aufhörte: Auch die zwölf Nummern des neuen Werks präsentieren wieder äußerst knackig und modern produzierten Metal, dieses Mal mit etwas weniger Elektronik-Spielereien und dafür mit „Growls“ vom neuen Schlagzeuger Peter Wildoer. Mit dabei ist auch wieder das italienische Saitenwunder Marco Sfogli, das auf diesem Silberling zwar wesentlich weniger Möglichkeiten bekommt, seine Flitzefinger übers Griffbrett fliegen zu lasssen, aber immer noch herausragende Leistungen vollbringt.
Waren die Tracks des direkten Vorgängers noch überwiegend im Bereich von fünf bis sechs Minuten Spielzeit angesiedelt, ist bei den aktuellen Songs, die LaBrie und Keyboarder Matt Guillory wieder gemeinsam erarbeiteten, meist nach 4 ½ Minuten Schluss. Entsprechend einfach gestrickt und ohrenfreundlich kommt das neue Material daher. LaBrie Solo klingt Anno 2010 erstaunlich oft nach modernen In Flames und Evanescence, gepaart mit einer Melodieseeligkeit, die anfänglich begeistert und schon bald ermüdet. Das ist dann auch der Hauptunterschied zwischen „Static Impulse“ und „Elements Of Persuasion“: Ohrwürmer gibt es zwar auch hier zu hauf, aber sie verpuffen viel zu schnell. Abwechslung wird klein geschrieben. Da macht es auch wenig Sinn, konkrete Anspieltipps zu geben. Dennoch: Der Opener „One More Time“ und „Mislead“ sollten zum Antesten reichen.
Stimmlich hingegen kann LaBrie überzeugen. Auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen: Er singt seit jeher auf seinen Solowerken deutlich besser als bei Dream Theater. Produktion und Artwork der Platte sind ebenfalls gelungen.
Es bleibt also abzuwarten, welche Rolle der beim Dream Theater-Songwriting konstant untergebutterte Vokalist nach dem Weggang von Bandchef und Schlagzeuger Mike Portnoy nun beim Traumtheater einnimmt. In jedem Falle pflegt LaBrie bei aller Eintönigkeit und Berechenbarkeit des hier gebotenen Materials eine Songorientiertheit und Frische, die dem nächsten Album seiner Hauptband sehr gut tun würde. Vermengt mit mehr Abwechslung und kompositorischer Finesse könnte sich daraus eine interessante neue Basis für Dream Theater ergeben. „Static Impulse“ jedenfalls ist zwar solide, kurzweilig und unterhaltsam, aber leider nicht essentiell.
Wertung: 7 / 10