Review J.B.O. – Head Bang Boing

Nach drei langen Jahren des Wartens melden sich die Blödelbarden aus dem fränkischen Erlangen endlich mit einem neuen Album zurück. Los geht’s, wie schon auf der „United States of Blöedsinn“, mit einer Art Intro im Stil des „Glaubensbekenntnisses“, das dem Hörer schon einmal klarmachen soll, was ihn in den nächsten 50 Minuten erwarten soll: Rock, Metal, und eine Prise Blues und Reggae.

Der Titeltrack, „Head Bang Boing“, hat leider absolut nicht die Würde verdient, dem Album seinen Namen zu geben. Die Verwurstung von Manu Chao’s „Bongo Bong“ kommt sowohl textlich als auch musikalisch richtig uninspiriert daher, das Lied ist über weite Strecken viel zu nahe am Original gehalten. Mit „Mehr Stoff“ haben die Jungs aus Franken eine durchaus gute Eigenkomposition am Start, die endlich mal das einlöst, was uns im Intro versprochen wurde. Sehr gut gefallen hat mir eine kurze Stelle gegen Ende des Songs, wo Hannes ermahnt wird, mal einen besseren Text zu singen – worauf allerdings keine einzige reguläre Textzeile mehr folgt. Das sind die Dinge an J.B.O., die auf den letzten Alben leider etwas zu kurz gekommen sind. Dem geneigten Metaller dürfte das folgende „Oaaargh!“ textlich aus der Seele sprechen, Vito prangert, während er fabelhaft Judith Holofernes‘ penetrante Stimme imitiert, die öde Radiolandschaft Deutschlands an. Hier passt es ausnahmsweise einmal, dass man musikalisch nahe am Original bleibt, denn so schafft man einen hübschen Kontrast zu den Wutausbrüchen im Refrain – ähnlich wie einst bei „Ich möcht‘ so gerne Metal hörn’“ vom 2001er Werk „Sex Sex Sex“.

Die von vielen Fans vermissten, kurzen komödiantischen Intermezzos, wie sie auf der „laut!“ („Drogen“), der „Meister der Musik“ („Meister der Musik“) und der „Sex Sex Sex“ („Satanische Botschaften“) zu finden waren, sind auf „Head Bang Boing“ zumindest ansatzweise wieder vorhanden, jedoch bei weitem nicht so geglückt: Während „Metal Hartz IV“ und „Frühstück“ beim ersten Mal noch durchaus für ein Grinsen sorgen, präsentiert sich „Wir ham’s geschafft!“ als eher schwachbrüstig. Zwar entbehrt die Vorstellung, dass Yngwie Malmsteen Hannes „G.Laber“ Holzmann im Klo vom slowenischen Puff auf den Schnürsenkel tritt, nicht einer gewissen Komik, jedoch sind die „Schlumpflieder“, die hier wieder en masse aufgefahren werden, mehr als ausgelutscht, auch der „Hidden Track“ war schonmal lustiger. Das Toto Cover „Osama“ schlägt leider in die selbe Kerbe wie „Head Bang Boing“: sowohl textlich als auch musikalisch wenig kreativ, von J.B.O. erwarte ich mir einfach mehr Textwitz. Diesen findet man dafür bei „Musiker“, im Original „Moviestar“ von Harpo, hier wird gekonnt auf Castingformate und deren oftmals himmelschreiend untalentierten Sprösslinge eingedroschen, dass es eine Freude ist. „Promibeat 800“ ist eher ein Spaßlied, in dem Namen von Prominenten im Stil von Otto Waalkes verwurstet werden. Kann man zwei, dreimal anhören, jedoch kein Lied, wegen dem ich das Album einlegen würde. „Acht“ ist ein klassischer J.B.O. Song, der zu den wenigen Songs des Albums gehört, in denen mal die Stromgitarren richtig aufgedreht werden. Wenn man sich einmal eingehört hat, weiß der Song durchaus zu begeistern, vor allem die richtig bescheuerten Lyrics überzeugen.

Mit den beiden eher ruhigen Eigenkompositionen „Bejonze“ und „Misanthropoly“ neigt sich das Album einem richtig starken Ende zu, nicht zuletzt „Misanthropoly“ dürfte bei einigen Hörern Erinnerungen an selige „laut!“ Zeiten wachrufen. Ich bin mir sicher, dass sich diese beiden Lieder auf einer insgesamt härteren Scheibe noch viel besser gemacht hätten.Im Ur-J.B.O.-Stil packt man zum Schluss doch noch die Metalkeule aus und fährt mit „Raining Blood“ eine Kreuzung aus Slayer und „Its Raining Men“ der Weather Girls auf, die auf den kommenden Konzerten zum Pflichtprogramm gehören dürfte. Dass der Song vor allem durch den Gesang deutlich an Lordi erinnert, dürfte wohl nicht ganz unbeabsichtigt gewesen sein.

Letztes Jahr war ich von der „Rock Muzik“ EP wirklich positiv überrascht: Man schaffte es, sich wieder auf alte Tugenden zu besinnen, schrieb lustige Texte, und vor allem standen erstmals Eigenkompositionen gleichwertig neben den Coverversionen.Entsprechend hohe Erwartungen hatte ich folglich an „Head Bang Boing“. Diese kann das Album leider nur teilweise erfüllen: Das J.B.O. qualitativ hochwertige Texte und Musik schreiben können, haben sie hinlänglich bewiesen, gerade deshalb verstehe ich nicht, wie es zu Totalausfällen wie „Osama“ oder „Head Bang Boing“ kommen kann. Auch die Produktion konnte mich nicht überzeugen, da gerade die Gitarren viel zu schachbrüstig daherkommen. Dafür liefern die beiden Sänger wieder eine großartige Leistung ab. Der Großteil der Eigenkompositionen ist dieses mal wirklich gelungen, bei den Coverversionen fehlt es aber teilweise an Eigenständigkeit, denn oft klingt das ganze, als hätte man über eine Karaoke Version des Originals einfach einen neuen Text eingesungen. Dass es wieder mehr Komik gibt, ist zwar an sich positiv, jetzt müsste sie halt nur noch lustig sein. Insgesamt kann man im Vergleich zum letzten Album einen Schritt in die richtige Richtung verzeichnen, auch wenn man nicht ganz an die konsequent hohe Qualität der „Rock Muzik“ anknüpfen kann. J.B.O. Fans dürfen sich das Teil zulegen, die, die bisher nichts mit den Franken anfangen konnten, lassen wie gehabt die Finger von deren Werke.

Redakteur: Michael Mutz

Wertung: 7 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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