IZZ sind eine siebenköpfige Progrock-Band aus New York, gegründet 1996 und hierzulande ein wohlgehüteter Geheimtipp. Trotz fünf großartiger Studioalben haben sie bisher noch kein einziges Konzert in Deutschland, und meines Wissens nach auch nicht in Europa, gegeben. Bei IZZ verbindet sich überragende Musikalität mit einem wunderbaren Gespür für zeitlose, berührende Melodien. Die Amerikaner spielen virtuosen Retroprog, haben aber einige eigene Charaktistika, mit denen sie sich wohltuend von Ihren Genre-Kollegen absetzen:
Erstens die Tatsache, dass nicht weniger als vier Mitglieder den Gesang übernehmen. Neben Keyboarder Tom Galgano und seinem Bruder John Galgano am Bass sind das auch zwei Damen mit engelsgleichen Stimmen: Laura Meade und Anmarie Byrnes. Wer IZZ kennt, weiß, dass die beiden auch schon auf den vergangenen Alben einen großen Anteil am Gesang hatten, auf „Everlasting Instant“ ist dieser allerdings noch einmal gestiegen. Das sorgt nicht nur für viel Abwechslung, sondern auch für traumhafte Chorgesänge.
Zweitens haben IZZ mit Greg DiMiceli und Brian Coralian gleich zwei Schlagzeuger. Sie setzen nicht nur ein akustisches, sondern zusätzlich auch ein elektronisches Drumkit ein. Mit diesen modernen Einflüssen darf die Band gerne mehr experimentieren und den E-Drums größeren Raum geben.
Drittens gibt es bei IZZ keinen hohlen Bombast. Es geht episch zu, es darf geschwelgt werden – aber die Songs sind immer nur genau so lang, wie sie sein müssen, um ihre Wirkung zu entfalten. Das Septett lässt sich nicht dazu hinreißen, zwanghaft einen Longtrack zu komponieren, nur weil Prog-Fans das erwarten und lieben. Die ausladendste Nummer auf „Everlasting Instant“ ist nicht einmal acht Minuten lang. Nach dem Hören der CD wirken Retroprog-Alben manch anderer Bands gar ein wenig beliebig und langatmig.
Mit „Everlasting Instant“ schließt die Gruppe ihre dreiteilige Konzeptserie ab, die 2009 mit „The Darkened Room“ begann und 2012 mit „Crush Of Night“ fortgeführt wurde. Stilistisch bilden diese drei Alben eine Einheit, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte: Auf „Crush Of Night“ war der Prog-Anteil gefühlt am höchsten. Es war recht schwer zugänglich, hatte viele lange Instrumentalpassagen und einen zentralen, 25-minütigen Longtrack. Im Vergleich dazu klingt das aktuelle Werk geradezu ruhig und kompakt. Viele Songs starten balladesk, mit viel Piano und klarem Fokus auf dem Gesang. Von dort aus entwickeln sie sich in unterschiedliche Richtungen. Dabei ist nie absehbar, wohin die Reise geht, was die Musik unheimlich spannend macht. Gleich der Opener „Own The Mystery“ ist ein wunderbares Beispiel dafür und einer der stärksten Tracks der Scheibe.
Immer wieder nimmt die Band Versatzstücke – ob Melodien, Rhythmen oder Textzeilen – der Vorgänger auf und verarbeitet diese auf erfrischende Art und Weise: Sie werden nicht einfach nur wiederholt, sondern stattdessen in einen komplett anderen Kontext und Sound gesetzt („Illuminata“), nur kurz angedeutet und dann verworfen oder tauchen dezent im Hintergrund auf. Das ist intelligent gemacht und unterhaltsam für Kenner der Band.
Tom Galgano ist ein Meister am Piano und Synthesizer, John Galgano steuert geschmackvollen Bass bei, der sich zur richtigen Zeit in den Vordergrund spielt. Die Soli von Gitarrist Paul Bremner sind emotionale Highlights und haben einen ganz eigenen Sound – sie klingen ein wenig komprimiert und synthetisch, was aber keineswegs negativ gemeint ist. Dazu kommen ein tolles Artwork, eine naturbelassene, transparente Produktion und starke Texte. IZZ haben eine klare Message, die aber so universell formuliert ist, dass sie viele Hörer ansprechen und abholen kann. Der Album-Abschluss mit „Illuminata“, „Sincerest Life“ und „Like A Straight Line“ ist traumhaft schön.
So muss Musik sein: Virtuos und intelligent, lebendig und berührend. Großartig!
Wertung: 9.5 / 10