Eine Sache ist wohl absolut unstrittig: Längst sind es nicht mehr nur die skandinavischen Inseln, die guten Black Metal zu erschaffen vermögen. Richtet man seinen Blick beispielsweise nach Griechenland, kommt man an Namen wie Rotting Christ oder Septicflesh nicht mehr vorbei. Aber auch der griechische Underground rumort. Ein Beispiel für guten Black Metal unter dem Radar: ISOLERT. Die Band ist noch eher ein Geheimtipp, kann aber mit drei Alben und diversen Singles in neun Jahren der Existenz bereits einen amtlichen Katalog vorweisen. „Wounds Of Desolation“ stellt den neuesten Output der Griechen dar. Zuerst einmal ist es recht einfach, die Platte einzuordnen. ISOLERT spielen technisch versierten Melodic-Black-Metal mit dezenten Thrash-Metal-Einflüssen. Fans genannter Sparten sollten also in jedem Fall weiterlesen.
Ein wenig klingen ISOLERT wie eine raue Melange aus Unlight, Cloak und Thron. Auf knappen 40 Minuten bieten ISOLERT mit „Wounds Of Desolation“ sehr viel Unterhaltung. Das liegt vor allem daran, dass die Band die Kategorisierung ihres Genres durchaus wörtlich nimmt. Schon das Intro „The Downfall’s Monologue“ stellt nachdrücklich heraus, dass es sich hier keinesfalls um krawalligen „Garagen-Black-Metal“ handelt. Wütende, jedoch nicht weniger melodiöse Riffs und Blastbeat-Ausbrüche fließen in gut platzierte Midtempo-Parts über und lockern das rundum genrekonforme Geschehen gekonnt auf. Die gelegentlichen Zitate an den Thrash Metal ergeben letztlich die Formel, auf deren Grundlage ISOLERT ihre Stücke intonieren. „The End Of Beauty“ kann für diesen rasanten Mix bestens als Beispiel herhalten.
Was man „Wounds Of Desolation“ zu keiner Zeit vorwerfen kann, ist Belanglosigkeit. ISOLERT musizieren mit äußerster Klasse und Leidenschaft. Riffs der Marke „Flesh.Torn.Asunder.“, sind einfach genau das, was man von melodischem Black Metal erwarten darf. Die ungeheure Freude und Leidenschaft an der Musik springt den Hörer dabei förmlich an und stellt einen weiteren großen Unterschied zu beispielsweise Naglfar dar, die seit geraumer Zeit vergleichsweise lustlos agieren. Schön ist dabei auch, dass ISOLERT es nicht versäumen, ihren Stücken eine gewisse Atmosphäre angedeihen zu lassen. Die letzten Minuten des Stückes „Herald Of Demise“ sorgen für Gänsehaut und zeigen, dass auch der Downtempo-Bereich der Musik von ISOLERT gut ansteht. Der Albumcloser „Reflections Of Nothingness“ schließt zu seinem Vorgänger auf und rezitiert mit seinen variablen Arrangements, viel Authentizität und jeder Menge Melodie die großen Stärken von „Wounds Of Desolation“.
Die Haken: Bei aller Energie und allem Können, das die Band in ihre Musik fließen lässt, haben sich Abfälle in der Spannungskurve, so beispielsweise auf den relativ generisch wirkenden Tracks „Children Of The Void“ und „Spewing Venomous Gloom“ zu hören, nicht vermeiden lassen. Auch fehlt es „Wounds Of Desolation“ an Highlights, was bedauerlich ist, denn jeder Song auf dem Album hat wirklich starke Momente. Schlussendlich ist es auch einfach der fehlende Wiedererkennungswert. Das macht „Wounds Of Desolation“ zwar innerhalb seines Genres zu einem wirklich guten Album, vermag jedoch in der breiten Masse an Veröffentlichungen im Black Metal, nicht wirklich herauszustechen.
Wertung: 6.5 / 10
Moin, erstmal danke für die schnelle und liebe Antwort.
Will auch gar nicht in den Kommentaren herumklugscheißen oder so, war ehrlich etwas stutzig. Die genauen Timelines in den 90ern sind verdammt verwirrend. Ich bin ganz bei dir. Die Hyperfixierung auf Norwegen, Finnland und Schweden ist kulturelle Auslöschung par excellence, zumal die erste Welle sehr international war – Celtic Frost aus der Schweiz, Sodom in Deutschland, Master’s Hammer in Tschechien usw.
Wenn man dann alte Zines aus den 90ern öffnet, findet man auch sehr viele Szenereports aus allen möglichen Ländern, u.a. Island, das – soweit ich das überblicke – erst in den letzten Jahren zu einem regelrechten Trendland geworden ist.
Na gerne doch. Quatsch, das hat nix mit Klugscheißern zu tun. Über solche Sachen denkt man (oder zumindest ich) nicht immer nach wenn der Kopf in so einer Reze steckt. Als Schreiber ist man nicht allwissend und kann vom Publikum auch oft nützlichen Input mitnehmen.
Von „kulturelle Auslöschung“ kann nach meiner Auffassung aber absolut keine Rede sein. Nach dem großen Boom haben sich die verschiedenen BM-Szenen wunderbar voneinander unabhängig und doch miteinander entwickelt, was gerade den BM ja erst so fantastisch vielfältig hat werden lassen. Kann aber auch sein dass ich dich einfach falsch verstanden hab.
Danke jedenfalls fürs Feedback;)
Das hast du tatsächlich, oder ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Meinte damit, dass frühe Szenen, die nicht in Skandinavien verortet waren, in der Rezeption und Retrospektive im Vergleich zum skandinavischen Black Metal deutlich seltener auftauchen. Das sorgt dann auch für eine Auslöschung bzw. ein Vergessen des Materials aus der Zeit. Es gibt viel mehr erhaltene Demos von irgendwelchen obskuren norwegischen Soloprojekten aus den 90ern, im Vergleich zum Underground vieler anderer Länder, weil das Interesse viel größer ist und dem Material eine mystische Qualität zugeschrieben wird. Irgendwann ist das Fenster dann zu und wir haben viel weniger Musik aus marginalisierteren Ländern erhalten und katalogisiert. Dass Black Metal inzwischen ein bunter und schöner, internationaler und manchmal auch queerer Strauß geworden ist steht natürlich außer Frage – was auch toll ist.
Aaaah, ich dachte es mir fast. Danke für die Klarstellung. Ich gehe absolut mit bei dem was du sagst.
LG
Hat sich die griechische Szene um Band wie Varathron und Rotting Christ nicht gleichzeitig mit der zweiten Welle in Skandinavien entwickelt und dabei auch einen ‚wärmeren‘, distinktiven Sound herausgearbeitet? Dein Intro lässt nämlich vermuten, dass das eine in Relation neuere Entwicklung wäre. Kann aber auch meine Timeline hier durcheinander bekommen.
Hey Älter!
Ich danke dir für deinen Kommentar. Meine Einleitung sollte eher verdeutlichen, dass der Black Metal quasi überall tolle Bands hervorgebracht hat. In meiner Wahrnehmung hat der Fokus beim Thema BM zu häufig (wenn auch oft gerechtfertigt) im Norden gelegen. Es ging dabei weniger um das gleichzeitige Wachstum, als um eine einfache Gegenüberstellung.
Ein guter Anreiz ist aber, dass die Unterschiede im Sound etwas signifikanter hätten herausgearbeitet sein können. Danke dir für die Anregung.
Liebe Grüße!