Review In The Woods… – Heart Of The Ages

1995 herrschte in der norwegischen Black-Metal-Landschaft eine gewaltige Umbruchsstimmung, und IN THE WOODS gehören wohl mit Bands wie beispielsweise Emperor, Ulver und Arcturus zu den wichtigsten Vorreitern einer neuen, avantgardistisch ausgerichteten Strömung. Ein Jahr nach EMPEROR’s legendärem Debütwerk „In The Nightside Eclipse“ und zeitgleich mit ULVER’s „Bergtatt“ und Vikernes‘ letztem schwarzmetallischen Machwerk „Filosofem“ brachten die 4 Herren von In the Woods ihr Erstwerk „Heart of the Ages“, dem ich mich im Folgenden nun widmen möchte, unter die Hörerschaft.

Der mit ca. 12 Minuten zweifellos als überlang zu bezeichnende Opener „Yearning the Seeds of a New Dimension“ verzaubert den Hörer sogleich mit anmutig schwebenden Synthesizerteppichen, melancholisch-grazilen Leadgitarren und einem recht warm und präsent knurrenden Bass. Der Gesang variiert von weinerlichem, sich überschlagendem Vikernes-haftem Kreischgesang über Flüstern bis hin zu heroisch anmutendendem, klarem männergesang mit starkem Viking Metal Touch. Ein Hang zur Überlänge zeichnet das ganze Album aus, was durch die äußerst opulent aufgebauten Songstrukturen und die vielfältigen Wendungen innerhalb des Liedguts bedingt ist. In zahlreichen Klangfarben und inspirierenden akustischen Farbtupfern kreieren In the Woods hier eine verklärte, mystifizierte Wald- und Naturästhetik, die durch die leicht verwaschene, aber dennoch hinreichend transparente und ansprechend abgemischte Produktion dezent unterstrichen wird.

Der hohe Anspruch, den In the Woods mit „Heart of the Ages“ an sich selbst stellen erweist sich jedoch auch hin und wieder als kleine, aber offenkundige Schwachstelle. Manche Liedpassagen wirken zu zerfahren und lenken eher vom Fluss der Grundstimmung ab, anstatt diesem dienlich zu sein. Dies zeigt sich gerade gegen Ende des Albums, besonders in „Wotan’s Return“, einem eigentlich sehr mächtigen und schlüssigen Song, der jedoch durch ein klein wenig zuviel der Wendungen und Einschübe in nicht zu unterschätzendem Maße an Qualität verliert. Letztlich ist dies eine typische Schwachstelle von Frühwerken junger, ambitionierter Bands und Musiker mit avantgardistischer Ausrichtung. Im Falle von „Heart of the Ages“ trübt dies den Charme des Werks jedoch nur geringfügig.

Der Einfluss, den dieses Werk auf viele moderne Black Metal Bands sowie andere blackmetallisch angefärbte Musiker, wie beispielsweise AGALLOCH oder WOODS OF YPRES hatte, sollte nicht unerwähnt bleiben. „Heart of the Ages“ ist, in all seiner Opulenz und Vielfarbigkeit, ein durch und durch einnehmendes Werk, das nach gebührender Beschäftigung immer wieder neue Seiten von sich preisgibt. Es handelt sich hier durchaus um ein Werk mit Ecken und Kanten, doch gerade das macht es so interessant, sich damit auseinanderzusetzen und es ist schade, dass es oft neben anderen Alben seiner Zeit ein wenig unterzugehen pflegt. Ich sage: Wer melodiösen, vielschichtigen Black Metal mit progressiver Schlagseite schätzt, sollte, falls er denn nicht schon von In the Woods gehört hat, schleunigst zugreifen. Es lohnt sich definitiv.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert