Review In Flames – Soundtrack To Your Escape

Nachdem die schwedischen Melodic-Death-Metaller IN FLAMES mit „Clayman“ und „Reroute To Remain“ auf eine etwas modernere, melodischere Spur abgebogen waren, war die Spannung auf den Nachfolger groß: Kommt der Melo-Death aus den Anfangstagen nochmal zurück – oder ist diese Phase von IN FLAMES endgültig Geschichte?

Die Optik, aber auch die Songtitel von „Soundtrack To Your Escape“ könnten vermuten lassen, dass IN FLAMES ihren Weg weg von ihren Wurzeln unbeirrt weitergehen. Doch schon der erste Song überrascht: Nach der Frage „Why did the World start?“ setzt düsteres Riffing ein, das an die etwas härteren Genre-Kollegen von Hypocrisy erinnert. Inmitten des Refrains ertönen tiefe Growls, wie man sie von Anders Fridén lange nicht mehr gehört hat: eine starke, druckvolle Nummer, die Lust auf mehr macht. Hymnenhaft geht es mit dem EP-Song „The Quiet Place“ weiter. Im Gegensatz zum eben gehörten Opener geht es hier nicht so brachial zu, dafür steckt Anders Fridén in diesen melodischen Ohrwurm eine ordentliche Portion an Emotionen. Dass die bandtypischen Melodien hier statt von den traditionellen zweistimmigen Gitarren vornehmlich von Synthies getragen werden, macht klar, dass IN FLAMES die Zeit auch mit diesem Album nicht zurückdrehen.

Mit diesem Zwischenfazit kommt man dem Charakter von „Soundtrack To Your Escape“ schon sehr nahe: IN FLAMES agieren kompositorisch modern, erhalten aber wichtige Trademarks wie ihre unverwechselbaren Melodien und die Eingängigkeit des Materials, das immer wieder zum Mitnicken verleitet – und spätestens in den Refrains zum Mitsingen. Der moderne, elektronische Aspekt von „Reroute To Remain“ wird mit den dicken Riffs von „Clayman“ gepaart, fiese Screams treffen auf den bei IN FLAMES immer mehr zum Markenzeichen gewordenen Klargesang: „Touch Of Red“ etwa ist sowohl in Sachen Riffing als auch hinsichtlich des gut eingebrachten Klargesangs (bis zum songeigenen „Outro“) ein Musterbeispiel für IN FLAMES im Jahr 2004. Selbiges gilt für das folgende „Like You Better Dead“. Wer mit den Neuerungen im IN-FLAMES-Sound auf „Reroute To Remain“ nicht unzufrieden war, sich jedoch etwas mehr Härte gewünscht hätte,  wird hier bedient.

Wenn IN FLAMES auch auf „Soundtrack To Your Escape“ sehr „modern“ klingen, verweisen sie ihre Kritiker mit waschechtem Melo-Death-Riffing doch in die Schranken. „My Sweet Shadow“ in seiner kompositorischen Vielfalt ist dafür das beste Beispiel: Hartes Riffing, flinke Melodien und ruhige Cleanparts wechseln sich elegant ab – und auch Anders Fridén zieht hier alle Register, von Klargesang bis harten Screams. Doch IN FLAMES sind eben nicht mehr nur Melodic Death Metal: Am besten zeigt das „Evil In A Closet“, eine über weite Strecken „gelungen kitschige“ Midtempo-Ballade mit melancholischem Klargesang, die nur passagenweise etwas an Härte zunimmt. Mit anderen Worten: ein IN-FLAMES-Song, den die Puristen-Fraktion hassen dürfte. Wie zur Versöhnung schicken IN FLAMES mit „In Search For I“ direkt den schnellsten und härtesten Song des Albums nach. Nicht den letzten seiner Art im Übrigen: „Superhero Of The Computer Rage“ oder „Dial 595-Escape“ bieten ebenfalls ein echtes Riffgewitter aus aggressivem Melodic Death Metal.

Mit „Soundtrack To Your Escape“ zeigen IN FLAMES allen Kritikern den Mittelfinger, die sie bereits in Richtung Alternative Metal „abgeschrieben“ hatten. Doch natürlich täuscht die zurückgekehrte Härte im Riffing nicht darüber hinweg, dass sich IN FLAMES längst nicht mehr als klassische Melodic-Death-Metal-Band sehen und sowohl kompositorisch wie auch im Arrangement viele Experimente wagen. Wer dem aufgeschlossen gegenübertritt, wird mit einem extrem starken, abwechslungsreichen Album belohnt, das die Erwartungen vieler (wenn auch nicht aller) Fans übertreffen dürfte.

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Wertung: 8.5 / 10

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3 Kommentare zu “In Flames – Soundtrack To Your Escape

  1. Was Dennis sagt. In meinen Augen das bis heute schlechteste In-Flames-Album. Grenzkatastrophale Produktion, die selbst im Amateurbereich eine Beleidigung darstellen würde; eine der schlechtesten Gesangsperformances, die meine Ohren je ertragen mussten (im professionellen Musikerbereich zumindest) und absolut lustlos-banales Songwriting. Ein Totalausfall, in der Tat.

  2. Der erste Totalausfall von In Flames, von dem sie sich nicht mehr erholt haben meiner Meinung nach. Auch wenn das Songwriting in Teilen noch Spaß machen kann, gibt die unterirdische Produktion dem Album den Rest. Komprimierte Sülze + Schlagzeug aus der Lars Ulrich-Blechdosen-Signature-Serie.

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