Illudium - Ash Of The Womb Cover

Review Illudium – Ash Of The Womb

Im Sommer 2020 ging in Teilen Kaliforniens die Welt unter. Während das COVID-19-Virus wie eine biblische Plage über die Menschheit hereinbrach, tobte im Golden State die schrecklichste Serie von Waldbränden seit Beginn der Aufzeichnungen. Ein Flammenmeer überzog ganze Horizonte und tauchte den Himmel über San Francisco in ein endzeitliches Orange. Unter den Eindrücken dieses Infernos sowie persönlicher Umbrüche schrieben Shantel Amundson und ihre Bandkollegen in ILLUDIUM die Songs, die später ihr zweites Album „Ash Of The Womb“ werden sollten.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der naturverbundene Post-Rock, den ILLUDIUM erstmals auf „Septem“ (2016) festgehalten haben, nun um einiges gewaltiger klingt. Rastlose Nackenbrecher wie das ungestüme „Madrigal“ machen zwar nur einen kleinen Teil von „Ash Of The Womb“ aus, doch auch von den langsameren Stücken fühlt man sich an manchen Stellen regelrecht erschlagen. In den massivsten Abschnitten graben Gitarren- und Bassriffs sich in die Ohren wie Pflüge durch verbranntes Erdreich, während das ansonsten auffallend nuancierte Drumming mit der Rohheit einer Naturkatastrophe losbricht.

Ihre Feinfühligkeit haben ILLUDIUM in den Feuern ihres Heimatstaats dennoch nicht verloren. Regelmäßig zügelt das Trio die niederschmetternde Wucht seiner Songs, erschließt in filigranen Clean-Gitarren-Passagen ein wenig Raum für Melancholie, ein Gefühl der Geborgenheit und sogar Hoffnung. Beinahe friedlich klingen die unverzerrten Saitenklänge in „Soma Sema“, das sich auf interessante Weise mit schwebenden Synthesizern auflöst, und das schwungvolle, luftige Intro von „Sempervirens“ mag man als Auszug aus dem Alcest-Lehrbuch bezeichnen.

Und immer wieder ist da Amundsons tiefer, ernster Gesang, dem zwar kein besonders großer Spielraum beschieden ist, der jedoch effektiv ihre gemischten Empfindungen transportiert und in manchen Momenten recht ordentlich an Intensität zulegt („Where Death And Dreams Do Manifest“). So gelingt es ILLUDIUM, mit ihrer Musik auf voller Länge der Platte mitzureißen, obwohl sie auf „Ash Of The Womb“ eigentlich mit nichts Bahnbrechendem aufwarten.

Wer den Output bekannterer Post-Rock-Künstler*innen wie Emma Ruth Rundle bereits rauf und runter gehört hat, wird von ILLUDIUM auf ihrem zweiten Album wohl nicht mehr überrascht werden. Mit seinen einprägsamen, kraftvollen, bodenständigen und feinsinnig arrangierten Stücken, die sich erst beim aufmerksamen Hinhören richtig entfalten, ist „Ash Of The Womb“ dennoch zutiefst ergreifend. Im Vergleich zu ihrem noch recht spröden Debüt haben ILLUDIUM immense Fortschritte gemacht und ein vielseitiges und doch schlüssiges Werk kreiert, das vor allem mit seinem ausdrucksstarken Songwriting und seiner hervorragend abgerundeten Produktion punktet.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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