Review Ilium – Ageless Decay

ILIUM sind der lebendige Beweis, dass nicht alle Bands aus Australien zwangsläufig boogie- oder blueslastigen Hardrock spielen müssen. Die 1998 gegründete Formation hat sich den melodischen Power Metal auf die Fahne geschrieben. Diesen reichert sie mit anspruchsvollen und teilweise auch komplexeren Arrangements des Progressive Metal an.
„Ageless Decay“, das Ende Juni über Escape Music veröffentlicht wurde, ist das vierte Album der Band, die mit Sänger Mike DiMeo (ex-Riot, ex-Masterplan) seit 2008 sogar einen richtig bekannten Künstler in ihren Reihen hat.

Mister DiMeo mit seinem kraftvollen und ausdrucksstarken Organ ist auch einer der Stützpfeiler von ILIUMS Klasse. Doch nicht nur ihm alleine genügt die Ehre. Vielmehr harmonieren alle Musiker perfekt miteinander. Drums und Bass sorgen beständig für einen mächtigen Groove, die Gitarren begeistern mit virtuosem und vielseitigem Spiel und das Keyboard wird sehr dezent und songdienlich hauptsächlich zur Melodieergänzung und gelegentlichen Untermalung eingesetzt. Den stärksten Anteil am Gelingen von „Ageless Decay“ hat aber sicherlich das intelligente und abwechslungsreiche Songwriting. ILIUM zaubern Kompositionen aus dem Zylinder, für die sie andere Bands wohl aufs Tiefste beneiden. Und nicht nur ein, zwei oder ein paar, nein, vielmehr spielt sich das gesamte Album auf einem extremst hohen kompositorischen Level ab.

Das beginnt bereits mit der druckvollen und eingängigen Startnummer „Mothcaste“, deren Mainriff ich kaum wieder aus den Gehörgängen bekomme. Erste progressive Elemente in Form von wechselnden Rhythmen und Intensitäten bringt „Hibernal Thaw“ ins Spiel. „Tar Pit“ kann ich nur als energetischen Power-Hammer bezeichnen, der lediglich für einen hymnischen Höhepunkt kurz abgebremst wird. Unfassbar auch das Gitarrenduell im Solo. Bei „Omnipaedia“ stellen ILIUM eine perfekte Symbiose zwischen harmonischem Melodic Metal und anspruchsvollem Progressive Metal her. Die Komplexität wird bei „Xerophyte“ nochmal ausgedehnt und mit dynamischerer Power-Metal-Marschroute verbunden. In seiner Gesamtheit erinnert der Song entfernt an die epischeren Maiden-Kompositionen und ist wohl vom technischen Anspruch her das Album-Highlight.
Auch „Nubia Awakes“ bringt mit seinem orientalen Touch so ein paar Maiden-Parallelen mit sich, die orchestralen Arrangements und ausgedehnten Instrumentalparts erinnern dagegen ein Stück weit an Werke von Symphony X. Der Titeltrack „Ageless Decay“ erfreut die Freunde des straighten Power Metal und knackiger Riffs. Die wohl beste Mainmelodie und mit die interessantesten Gitarrenvariationen hat „Fragmented Glory“, und auch der Groove wird sehr energetisch vorangetrieben. Auch „The Neo-Mortician“ und „The Little Witch Of Madagascar“ sind weitere Zeugen von ILIUMs starken und vielfältigen Songwriting. Und zum Abschluss lassen die Australier beim fast 8-minütigen „Idolatry“ nochmal alle Feinheiten ihres Sounds Revue passieren: eingängige, tolle Leads, starke und abwechslungsreiche Arrangements, eine unheimliche musikalische Intensität und die astreine technische Leistung.

Dass ich mich genötigt sehe, auf fast alle Tracks des Albums einzugehen, ist ein sicheres Zeichen, dass ILIUM hier etwas Außergewöhnliches geschaffen haben. Ich bin sogar davon überzeugt, mit „Ageless Decay“ das 2009er-Highlight des melodischen, progressiven Power Metal vor mir zu haben. Das Album knallt von der ersten bis zur letzten Minute, und das bei einer beachtlichen Länge von 68 Minuten. Davon können sich die vielen „wie-kriegen-wir-40-Minuten-Spielzeit-zusammen-Kombos“ eine ordentliche Scheibe abschneiden. Und solch eine Albumdauer ohne Hänger, Filler oder Ausfälle muss man dann erst einmal hinbekommen. Alleine schon deswegen verneige ich mich voller Ehrfurcht vor den Australiern.

Im Fazit bleibt mir nur zu sagen: Leute, wenn ihr auf abwechslungsreichen und anspruchsvollen Melodic Power Metal – jenseits deutsch-skandinavischer Happy-Metal-(Pl)attituden und fernab von südeuropäischen Drachenvernichtungsorgien – steht, macht euch auf den Weg in den CD-Shop oder zur Musik-Plattform eures Vertrauens und ordert „Ageless Decay“!

Wertung: 9.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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