Review I And Thou – Speak

Es gibt Alben, bei denen man schon nach dem ersten Blick auf das Coverartwork das Gefühl hat, dass einem etwas Großes bevorsteht. Das Debüt von I AND THOU, „Speak“, ist eine solche Platte. Das farbenfrohe, handgemalte und absolut zeitlose Frontcover von Annie Haslam (Renaissance) macht hier die Marschrichtung klar und symbolisiert mit seiner schlichten Schönheit: Uns erwartet exquisite, klassische und verträumte Progmusik.

Schon die ersten leisen Piano-Akkorde des Openers „Speak“ lösen diese hohen Erwartungen ein. Wer die 70er-Werke von Genesis – allen voran das herbstliche „Wind And Wuthering“ – liebt, wird auch den Erstling von I AND THOU lieben. Denn was Keyboarder und Chef Jason Hart (Renaissance) hier gemeinsam mit Gitarrist Jack Petruzzelli (The Fab Faux, Patti Smith), Bassist John Galgano (IZZ) und Schlagzeuger Matt Johnson (Jeff Buckley, Rufus Wainwright) abliefert, ist einfach nur traumhaft schön, zeitlos und zutiefst berührend. Getragen von Harts grazilem Pianospiel sowie seinem sanften, nachdenklichen Gesang entfalten vier überlange Kompositionen nach und nach die ihnen inneliegende Schönheit. In aller Ruhe werden neue musikalische Motive eingeführt, mit viel Feingefühl entwickelt und in geschickt gesetzten Höhepunkten aufgelöst. Alles fließt, harsche Brüche und Frickelattacken gibt es nicht.

I AND THOU klingen elegisch und lyrisch, tappen dabei aber zu keiner Sekunde in die Falle des hohlen Bombasts. Die andächtige, verträumte und fast schon pastorale Atmosphäre ist derart dicht, dass es schwer ist, sich nicht darin fallen zu lassen. Neben dem Piano spielen dabei vor allem die geschmackvollen und sehr akzentuiert eingesetzten Synthesizer sowie das lebendige Bass-Spiel eine große Rolle. Der Einfluss von Tony Banks auf Jason Harts Spiel und Kompositionen ist dabei unüberhörbar. Insbesondere Songs wie „One For The Vine“ oder „Mad Man Moon“ kommen mir in den Sinn, wenn ich „Speak“ höre.

Dass nach 54 Minuten und vier zutiefst beeindruckenden Softprog-Meisterwerken mit „Go Or Go Ahead“ noch ein Rufus Wainwright-Cover folgt, ist eigentlich unnötig. Dieser klar als Bonus ausgewiesene Track passt zwar stilistisch hervorragend zum Rest der Platte, hält aber nicht ganz das vorhergehende Niveau – daran kann auch ein Gastsänger wie Steve Hogarth (Marillion) nichts ändern, obwohl er einen grandiosen Job macht.

Es ist wirklich toll, dass es auch in dieser schnelllebigen Zeit noch Musik gibt, die das Zeug zum Klassiker hat. I AND THOU gelingt dieses Kunststück bereits mit ihrem ersten Studiowerk, das ich jedem Fan der traditionellen Genesis und IZZ mit größtmöglichem Nachdruck ans Herz legen möchte. Verpackung, Inhalt, Aussage – hier passt einfach alles!

Bestellen könnt ihr das Album hier: www.i-and-thou.com

Wertung: 10 / 10

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