Sound, Stil… all das ist zu gewissem Grad auch immer Geschmackssache. So lädt eine Band wie HRYRE in besonderem Maße zu Diskussionen ein. Die zentrale Frage, die das Debüt der vier Briten aufwirft, lautet nämlich: Ist es eine Kunst, ein Black-Metal-Album im Jahr 2016 nach den 90ern des vergangenen Jahrhunderts klingen (und aussehen) zu lassen?
Diesen Kniff haben HRYRE nämlich definitiv drauf: Der extrem natürlich-hölzerne Klang des Schlagzeugs oder der erdige Gitarrensound, der zugleich trocken und etwas verwaschen klingt, sind zwar durch ihre Klarheit und den Druck des Masterings als Werke unseres Jahrtausends zu identifizieren. Gepaart mit flächigen Keyboards und dem Wechsel zwischen rohem Black-Metal-Gesang und mit epischer Erzählerstimme vorgetragenen Passagen sowie dem nur schemenhaft angedeuteten Landschaftsbild in Schwarz-Weiß haftet dem Ganzen dennoch stets die Patina früher Dimmu Borgir oder Satyricon an.
Dass HRYRE nicht nur darauf aus sind, alten Meistern nachzueifern, beweist „Cast Into Shade Part One (Farewell)“, das als folkiges Akustikstück eine gänzlich andere Form von Epik bedient. Obwohl musikalisch und über den Namen mit dem nächsten Stück verwachsen, bleibt die Nummer auf „From Mortality To Infinity“ jedoch ein Fremdkörper: Schon der folgende „… Part Two (Black Sun)“ klingt wieder eher, als entstamme er Mayhems in Sachen Sound ebenfalls sehr ursprünglich produziertem Meisterwerk „Ordo Ad Chao“. Mehr Kontrast geht kaum.
Selbiges gilt auch für das Songwriting im letztgenannten Stück: Während Fronter Rick Millington sich zunächst (mit erstaunlichem Erfolg) daran versucht, seine Stimme wie die von Attila Csihar klingen zu lassen, erwartet den Hörer im weiteren Verlauf neuerlich unerwartet Cleangesang, bevor dann wieder Mayhem durchschlagen.
Doch HRYRE können auch langweilig: So abwechslungsreich die letzten Stücke waren, so eintönig ist das folgende „Lamenting The Coming Dread“, dessen Reiz wohl im Primitiven verborgen sein soll, weshalb sich HRYRE knapp zehn Minuten lang eher in Richtung Burzum orientieren. Zum Glück bleibt das die Ausnahme – das folgende „Regressed States Of Malice“ sowie der Rausschmeißer „Return To The Earth“ haben (erneut merklich Mayhem-inspiriert) wieder mehr zu bieten.
Am Ende bleibt „From Mortality To Infinity“ selbst nach unzähligen Druchläufen schwer zu fassen: Erstaunlich gelungen lassen HRYRE auf ihrem Debüt einen halbwegs authentischen Retro-Spirit aufleben, und auch musikalisch haben die vier Briten einiges zu bieten. Die starke musikalische Orientierung an Szenegrößen, allen voran den späten Mayhem, ist jedoch ebenso unüberhörbar wie die eine oder andere Länge in den acht Songs (plus Intro), die es zusammen auf über eine Stunde Spielzeit bringen. Dennoch bleibt am Ende ein vorsichtig-positives Bild von HRYRE haften: Für eine Newcomer-Band, die erst 2013 gegründet wurde, kann sich „From Mortality To Infinity“ definitiv hören lassen.
Wertung: 6.5 / 10