Wow, was für eine Frau! Es wird bei diesem Cover sicher jeder männliche Leser verstehen, warum ich schon ziemlich positiv eingestimmt war, als ich die CD aus dem Päckchen genommen hab. Wenn man das Bild jedoch etwas genauer unter die Lupe nimmt, hat die gute Dame zwar wirklich bezaubernde Beine, doch an Oberweite scheint es ihr leider gänzlich zu fehlen. Ohne das werten zu wollen, ist es dennoch sehr sinnbildlich für das Album der deutschen Nachwuchs Rocker HOTWIRE – dem fehlen nämlich absolut die Eier. Doch dazu später mehr…
Bisher war mir die Band aus Ingoldstadt kein Begriff, auch wenn sie schon einige Höhepunkte in ihrer Bandgeschichte zu verzeichnen hat – Platz 21 der japanischen Import-Rock-Charts, Auftritte mit Bonfire, Jaded Heart, Crystal Ball und Die Happy, sowie eine Tour mit Domain und Shakra um nur einige zu nennen. Außerdem ist „Devil In Disguise“ bereits ihr viertes Album und wird wie die Vorgänger mit Sicherheit auch von vielen Radiosendern wohlwollend zur Kenntnis genommen und dort die eine oder andere Runde drehen.
Und da haben wir auch meinen Hauptkritikpunkt an dem Album. „Devil in Disguise“ ist einfach zu glatt, zu gewöhnlich und zu gefällig, um mich wirklich vom Hocker zu hauen. Wenn ich solche Musik hören möchte brauch ich mir nicht eine Platte von HOTWIRE zu kaufen, sondern kann einfach mein Radio anschalten. Musik dieser Art wird mir da täglich mehr als genug geboten, weswegen die Jungs da auch so gut ankommen. Objektiv betrachtet muss ich dennoch zugeben, dass die Platte handwerklich einwandfrei ist. Auch kompositorisch klingt man sehr reif und die Produktion ist ganz klar auf sehr hohem Niveau. Wenn man auf diese Art der Musik steht, wird man aus diesem Grund auch kaum Kritikpunkte finden. Vielleicht fällt es mir deshalb auch recht leicht, hier meinen subjektiven Unmut zu äußern, ich bin mir sicher, dass sich die Jungs mit dieser Art von Musik genügend Freunde machen, egal was ich schreibe – die Radiostationen spielen das Zeug ja nicht rein zufällig.
Positiv aus dem Rahmen fällt der Opener „Waterfalls“, eine schön treibende Nummer oder das rockige „Skytrain“. Beide können sich etwas von der Masse absetzten. Die Coverversion des T.Rex Klassikers „Hot Love“ dagegen will so gar nicht gefallen und auch beim Rest der Stücke springt einfach kein Funken über, auch nicht nach mehrmaligem Hören. Positiv anrechnen muss man den Bayern auch ihr Quäntchen an Experimentierfreude: So klingt der Anfang von „I Know“ dank einiger Rhythmus-Loops wirklich sehr modern, dass ist natürlich Geschmackssache aber immerhin ein interessantes Schmankerl!
Abschließend kann man also nur sagen, dass HOTWIRE auf dem besten Weg sind, sich in der deutschen Rock-Landschaft zu etablieren, auch wenn sie dafür einen verdammt ausgefahrenen Weg gewählt haben. Wer vom Radioeinheitsbrei die Nase voll hat, aber dennoch auf die dargebotene Musik steht, braucht jetzt nicht den Sender zu wechseln, sondern kann mal wieder in den Plattenladen gehen und sich „Devil in Disguise“ zulegen. Freunde rauerer Rockgruppen, die bei „Easy Rider“ immer noch feuchte Augen kriegen und die Lederhose höchstens am Muttertag mal ausziehen, würde ich von der Scheibe eher abraten, aber reinhören kostet ja nix…
Wertung: 7 / 10