Tja, Metal aus Italien – lang wird ein Gespräch darüber selten ausfallen, und genauso selten wird der Inhalt lobender Natur sein; viel hat das Land in Stiefelform an schwermetallischer und hochqualitativer Musik nicht zu bieten, möchte man zumindest auf den ersten Blick meinen. Rhapsody (of Fire – huärgh, wer hat das bloß ersonnen) ersticken im eigenen Kitsch, Graveworm kommen irgendwie klinisch kalt daher und konnten sich nie wirklich große Popularität erspielen. Dieser Tage haben jedoch die Italo-Doom-Heiden von Doomsword wieder einen ziemlichen Hammer rausgehauen, und schon im April veröffentlichten die Mannen von HOLY MARTYR ihre erste Langrille.
„Still at War“ heißt das gute Stück und bietet 53 Minuten Unterhaltung. Und HOLY MARTYR tun etwas, das mich sehr begeistert: Sie befassen sich textlich mit den Legionären des römischen Reiches. Dass da noch niemand früher drauf gekommen ist! (Sollte das nicht stimmen, bitte ich um Berichtigung eurerseits, danke sehr.) Die Geschichten von drachenkastrierenden Schwertschwingern und axttragenden Nordmännern sind nun wirklich schon übelst ausgelutscht. Und wer könnte über die tapferen Legionäre besser singen als ein Haufen waschechter Italiener? Da mag man zwar im ersten Moment noch einige andere Möglichkeiten ersinnen, aber wie sich herausstellt, scheint es wirklich Italiener zu benötigen, um das hier authentisch rüberzubringen. Um zu verstehen, was ich meine, hört euch am besten „Vis et Honor“ an: Dieser italienische Akzent im Englisch (man höre die Aussprache von „legionaries“ oder das hymnenhaft ausgestoßene „Ave, Ave Roma“) passt einfach wie Arsch auf Eimer und gibt den Liedern einen ganz besonderen Anstrich; dazu weiß Alex generell mit seiner kräftigen Stimme zu überzeugen.
Dem stimmungsvollen Intro (so ca. klang das gesprochene Latein, sehr geil) folgen sieben gut rockende Lieder mit Riffs, deren Qualität zwischen „fade“ und „sehr gut“ hin und her pendelt, mit Tendenz zu zweiterem. Setzt der italienische Fünfer einmal mehrstimmigen Gesang ein, wie beispielsweise bei „Vis et Honor“, „Ares guide my Spear“ oder „Hadding Garmsson“, dann kommt fast epische Stimmung auf; sehr oft wird dieses Stilmittel leider nicht genutzt, und so fehlt es der Musik von HOLY MARTYR leider stellenweise an Höhepunkten. Unterscheiden lassen sich die Lieder trotzdem gut, da jedes seine eigenen Erkennungsmerkmale hat – „Warmonger“ geht heftig ab und drückt aufs Gaspedal, „Ares Guide my Spear“ ist sehr hymnisch, „Hadding Garmsson“ bietet ein schönes akustisches Outro, um nur einige zu nennen. Insgesamt ist „Still at War“ dann allerdings doch ein wenig sehr homogen, ein bisschen mehr Abwechslung wäre fein gewesen. Auch die Soli könnten noch einiges an Feinschliff vertragen, das klingt teilweise noch etwas unorganisiert und macht etwas die an einigen Stellen aufgebaute Atmosphäre zunicht. Trotzdem handelt es sich hier um ein feines Debüt einer weiteren italienischen Metalhoffnung, das ich mir noch desöfteren anhören werde und wärmstens jedem Freund von Turisas (siehe die Speere auf dem Coverbild!) empfehlen kann.
Wertung: 7.5 / 10