HOLLYWOOD VAMPIRES, das sind Alice Cooper, Johnny Deep und Joe Perry. Drei Namen, die für sich genommen keiner weiteren Einführung bedürfen. Zusammen, als Line-Up einer Band, lesen sie sich so surreal wie stimmig: Hier könnte zusammengefunden haben, was zusammengehört. Alice Cooper, der als Schock-Rock-Koryphäe im Herbst 2019 sein 50-jähriges Bühnenjubiläum feiert. Joe Perry, der (mit Unterbrechnungen) ebenso lang als Gitarrist von Aerosmith Weltruhm genießt. Und Johnny Depp, zeitweise bestbezahlter Star Hollywoods, der eigentlich nur Schauspieler wurde, um seine Karriere als Musiker zu finanzieren.
Drei Jahre nach dem selbstbetitelten Debüt legt das Promi-Trio nach. Zugegeben, beim Gerüchten zufolge abgebrannten Captain Jack Sparrow ist fraglich, ob er das Geld aus dem Musikbusiness nicht mittlerweile gut brauchen kann. Trotzdem wirkt auch das zweite Album der HOLLYWOOD VAMPIRES, „Rise“, nicht wie ein verzweifelter Versuch, Kohle zu scheffeln. Sondern wie ein Album, bei dem die Freude am Musizieren im Mittelpunkt steht.
Was den Rock-affinen Hörer auf „Rise“ erwartet, stellt gleich der Opener „I Want My Now“ klar: Durch Effekte wie Hammond-Einsprengsel betont „retro“ gehalten, überzeugt die Classic-Rock-Nummer auf ganzer Linie: Schmissig, eingängig und durch den Gesang der Schock-Rock-Koryphäe Cooper gleich auch unverkennbar. In diese Scharte schlagen auch Songs wie „Who’s Laughing Now“, „Mr. Spider“ – nicht nur dem Namen nach sehr Cooper-typisch – oder das etwas zackigere „We Gotta Rise“, das ebenso von der britischen Punk-Legende The Addicts stammen könnte.
Stammt er aber nicht. Auch das ist eine Besonderheit an „Rise“: Waren auf dem Debüt Cover-Songs noch die tragende Säule, sind es mittlerweile klar die Eigenkompositionen, die nicht nur in der deutlichen Überzahl sind (9:3), sondern auch rundum überzeugen können. Und das auf ganz unterschiedliche Weise. So wechseln HOLLYWOOD VAMPIRES auf „Rise“ ihren Stil wie Rockstars die Frauen, tauschen munter am Mikrophon durch und tun generell, wonach ihnen der Sinn steht: Country-Rock? Bitteschön, „Welcome To Bushwhackers“. Etwas mehr Hard-Rock-Feeling? „Grit From Round Me“! Oder doch ein Cover gefällig? Warum nicht einfach mit Depp am Mikrophon David Bowies „Heroes“ einspielen, und zwar wie Bowie damals in den Berliner Hansa Studios?
Zwischen die Songs haben die HOLLYWOOD VAMPIRES – trotz großer Ähnlichkeit im Schriftzug übrigens nicht nach dem gleichnamigen L.A.-Guns-Album, sondern nach einem von Alice Cooper in den 70er-Jahren gegründeten Trinker-Club für Rockstars benannt – immer wieder kurze Atmo-Interludes eingestreut. Für sich betrachtet ergeben diese vier Tracks zwar reichlich wenig Sinn. Im Kontext des Albums ist diese Form der Überleitung jedoch durchaus elegant, klingt das Album so trotz seiner stilistischen Varianz wie aus einem Guss.
Je bekannter eine Band, desto größer ist im Normalfall der Druck, (kommerziell) erfolgreich zu sein. Nicht zuletzt aus dieser Not heraus entstehen Nebenprojekte, bei denen die Musiker (vermeintlich) tun und lassen können, was sie wollen. Vielleicht ist das auch die Geschichte zu HOLLYWOOD VAMPIRES. Sicher ist: Hier machen drei Musiker ohne jeden Erfolgsdruck exakt die Musik, auf die sie Lust haben. Genau das hört man „Rise“ vom ersten bis zum letzten Ton an – und um nichts anderes geht es doch im Rock ’n‘ Roll.
Wertung: 8.5 / 10