Review Heretoir – The Circle

Als Eklatanz aka Dave 2011 das Debüt seines Soloprojekts HERETOIR veröffentlichte, gebar er damit zugleich einen neuen Stern am Post-Black-Metal-Himmel. „Heretoir“ war kalt, introspektiv und herzzerreißend schön. Danach wurde es nach außen hin still um das Projekt, es folgte lediglich ein eher durchwachsener Re-Release einer alten EP. 2017 meldet sich das Post-Black-Metal-Phänomen endlich zurück – diesmal mit der Unterstützung einiger Szene-Größen und einer ganzen Band im Rücken. „The Circle“ nennt sich das lang ersehnte Nachfolgewerk und schon das helle, mystische Artwork, das abermals der Feder von Fursy Teyssier (Les Discrets) entspringt, lässt erahnen, dass in der Zwischenzeit eine Entwicklung stattgefunden hat.

Wer mit Alcests „Shelter“ oder Lantlôs‘ „Melting Sun“ nichts anzufangen weiß, braucht nicht zu bangen, denn HERETOIR haben dem Black Metal keineswegs abgeschworen, auch wenn es auf den ersten Blick so scheinen mag. Nach dem sphärisch-cleanen Intro „Alpha“ entlädt sich „The White“ beispielsweise sogleich mit einer kraftvollen Tremolo-Melodie und im späteren Verlauf zeugen unter anderem das eher unheilvolle „Exhale“ mit seinen brachialen Blast-Beats oder das verzweifelt-sehnsüchtige „Fading With The Grey“ von einer enthemmten Intensität, der man mit reinem Post-Rock wohl nur schwer Ausdruck verleihen könnte.
Dennoch haben HERETOIR sich merklich verändert. „The Circle“ klingt um einiges wärmer und offener als sein trister Vorgänger, die Depression auf „Heretoir“ ist nunmehr einer sanften Melancholie gewichen, die ihrerseits nur vereinzelt von ungezügelten, emotionalen Ausbrüchen verdrängt wird. So sind es vor allem die lichtdurchfluteten, hintergründig Ambient-artigen Momente, die „The Circle“ zu einem so packenden Erlebnis machen. Auf „Golden Dust“ verzaubern HERETOIR beispielsweise mit schwebendem Klargesang und sphärischen Clean-Gitarren, die von treibenden Double-Bass-Drums getragen werden, im darauffolgenden beschwingten Instrumental „My Dreams Are Lights In The Sky“ gehen die cleanen Gitarren hingegen eine gefühlvolle Symbiose mit kräftigen Akustikgitarren ein.
Dabei machen HERETOIR jedoch nie den Fehler, sich zu sehr in ihren verträumten Kompositionen zu verlieren und damit die Atmosphäre in Langeweile umschwingen zu lassen. Vielmehr sind die Arrangements genau so vielseitig wie die damit transportierten Emotionen, so zum Beispiel die energetischen Leadgitarren und Screams im treibenden „Inhale“. Einen weitern Grund für diese große Ausdruckskraft findet man in den Vocals, die nicht einfach nur in Cleans und Screams einzuteilen sind, sondern innerhalb dieser Kategorien sämtliche expressiven Grenzen ausloten. Ein Höhepunkt ist diesbezüglich der Gastauftritt von Neige (Alcest) im stimmungsvollen „Laniakea Dances (Soleils Couchants)“.

Dass sich seit dem Debüt bei HERETOIR vieles getan hat, merkt man auf „The Circle“ ganz deutlich, was in gewisser Weise gut zu dessen Textkonzept über Leben, Tod und Wiedergeburt passt. HERETOIR klingen nun heller, lassen aber keineswegs emotionalen Tiefgang vermissen. Ihre zweite, gut einstündige Platte ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Achterbahn der Gefühle, die sich zwar nicht annähernd so leicht erschließt wie zum Beispiel Alcests „Kodama“, auf weite Sicht betrachtet jedoch nicht weniger begeistert. Glücklicherweise unterstreicht diesmal auch die Produktion den transzendentalen Charakter des Albums, lediglich die Rhythmusgitarren klingen an manchen Stellen etwas zu grob. Abgesehen davon handelt es sich jedoch abermals um ein mitreißendes Post-Black-Metal-Werk, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

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Wertung: 8.5 / 10

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