Review Helrunar – Vanitas Vanitatvm

  • Label: Lupus Lounge
  • Veröffentlicht: 2018
  • Spielart: Black Metal

Mit ihrer 2015er Platte „Niederkunfft“ haben HELRUNAR eine signifikante Wandlung durchlaufen. Wo vormals frostiger Black Metal mit nordisch-mythologischen Texten den Ton angab, wurden plötzlich die Schrecken des ausklingenden Mittelalters in Form von schwedischem Death-Doom der alten Schule vertont. Drei Jahre später folgt mit „Vanitas Vanitatvm“ nunmehr eine partielle Rückbesinnung. Zwar bleibt der altertümliche, heidnische Themenkreis weiterhin unangetastet, doch aus musikalischer Sicht kann man das gut einstündige Album, ganz wie von der Band vorab angekündigt, als stilistisches Bindeglied zwischen den beiden Vorgänger-Releases betrachten – HELRUNAR rücken 2018 also wieder den Black Metal in den Mittelpunkt des Geschehens.

Konnte man zuletzt durchaus mit Recht argumentieren, dass „Niederkunfft“ ob seiner Weltuntergangsstimmung das bis dato morbideste Album der deutschen Black-Metaller darstellte, so gilt es nunmehr, diese These zu überdenken. Auf „Vanitas Vanitatvm“ rechnen HELRUNAR nämlich nicht nur mit der verblendeten Bevölkerung vor der Epoche der Aufklärung, sondern mit der gesamten Gesellschaft – auch in modernen Zeiten – ab. Konzeptionell greift Sänger und Texter Skald Draugir diesmal nämlich das Vanitas-Motiv der Werke des deutschen Barock-Dichters Andreas Gryphius auf und prangert damit die allseits um sich greifende, geistlose Eitelkeit der Menschen an.

Die Worte, die HELRUNAR dafür finden, sind grässlich und schonungslos unverblümt – und doch mit einer Spitzfindigkeit formuliert, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich der historisch und mythologisch interessierte Verfasser eingehend mit der Materie auseinandergesetzt hat. Das mit garstigen, mittelhohen Screams, geradezu unmenschlichen, furchteinflößenden Growls („Lotophagoi“) und in verheißungsvollen Sprechpassagen vorgetragene Grauen erfüllt auch die Instrumentalisierung. Nie klangen die eisigen Tremolo-Riffs („In Eis und Nacht“), die schon das Debüt „Frostnacht“ auszeichneten, kälter, finsterer oder epischer und auch die durch und durch doomigen Leadmelodien und Soli stehen denen auf „Niederkunfft“ in nichts nach.

Mit dem geifernden „Nachzehrer“, in welchem sich unheimliche Clean-Strophen an einen tonnenschweren Refrain schmiegen, haben HELRUNAR ihrer nicht mehr ganz neuen Vorliebe für unheilvollen Doom Metal sogar einen ganzen Song geweiht. Beachtet man dann noch die stimmigen Einschübe wie etwa den trostlosen, rein akustisch-instrumentalen Titeltrack und die mächtige, herrlich organische Produktion, dürfte wohl außer Frage stehen, dass HELRUNAR hiermit abermals Großes geschaffen haben.

„Vanitas Vanitatvm“ ist gewiss sperrig und möglicherweise eine Spur zu lang – zwei Vorwürfe, die HELRUNAR spätestens seit ihrem Doppelalbum „Sól“ nicht ganz zu Unrecht von manchen vorgehalten werden. Aber gibt es heute denn wirklich noch jemanden, der von den Deutschen ein Album von der Eingängigkeit ihres Debüts erwartet? Wer sich schon mit den bisherigen Folgewerken von „Frostnacht“ nicht anfreunden konnte, wird wohl auch über ihr fünftes Full-Length nicht zu HELRUNAR zurückfinden. Alle andere bekommen hierauf hingegen ein sowohl lyrisch als auch musikalisch beeindruckendes Stück schwarzer Tonkunst geboten, das sämtliche Aspekte in sich trägt, für die HELRUNAR in der Szene mit gutem Grund bewundert werden.

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Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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