Helmet – Betty Album Artwork

Review Helmet – Betty

In den vergangenen 30 Jahren wurde die Musik von HELMET schon als vieles bezeichnet: Alternative Rock, wahlweise auch -Metal, Noise Rock, Post-Hardcore … die Liste lässt sich nahezu beliebig ergänzen. Unbestreitbar bleibt, welchen Einfluss die Musiker um Page Hamilton auf genannte Genres, aber auch Nu Metal hatten. Eines der, wenn nicht sogar das wichtigste Album der Band, „Betty“, erschien 1994 – und weist auch noch nach einem Vierteljahrhundert einige Einzigartigkeiten auf, die den Longplayer zu einem zeitlosen Klassiker machen.

So überraschte die Verpflichtung von Todd Ray alias T-Ray als Produzent, hatte der gute Mann doch so überhaupt nichts mit Metal oder artverwandten Genres zu tun – sondern war tief im Rap verwurzelt. Immerhin konnte er durch seine Arbeit mit Cypress Hill („I Aint Goin‘ Out Like That“) bereits einen Grammy vorweisen. Die Zusammenarbeit resultierte allerdings in einem überraschend einzigartigen Sound, der den Reiz von „Betty“ nicht unwesentlich ausmacht: allen voran die wummernden, auf Drop D gestimmten Gitarren (für die damalige Zeit nicht ganz selbstverständlich), aber auch die teppichlose und furztrockene Snare sorgen für einen unfassbar hohen Wiedererkennungswert.

Dazu kommt der unglaubliche Groove von HELMET-Drummer John Stanier, auch bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Mike Patton bei Tomahawk. Selten hat eine Alternativ-Metal-Platte so zum Kopfnicken und Irgendwo-den-Takt-Mitklopfen angeregt – auf eine ähnlich angenehme Art und Weise ging es damals nur auf White Zombies „Astro Creep 2000“ vorwärts. In Verbindung mit der unkonventionellen Produktion wird das Schlagzeug so zum heimlichen Hauptdarsteller auf „Betty“ – was alles andere keinesfalls abwerten soll.

Denn die Songwriter-Qualitäten von Gitarrist und Sänger Page Hamilton sind nicht zu verachten. Von der Herangehensweise den Iren Therapy? nicht unähnlich schüttelt der New Yorker mehr als nur eine Handvoll Ohrwürmer und Hits aus dem Ärmel – und oftmals bestehen diese aus nicht mehr als einer Handvoll Akkorden. Gesanglich bewegt sich Hamilton dabei zwischen melodischem Indie-Rock und klassischem Hardcore – und seine Melodien bleiben dabei immer wieder erfolgreich im Ohr kleben.

Das Strickmuster der Songs ist absolut durchschaubar: Grooviges Schlagzeug, groovige Gitarrenarbeit, gegen Songende ein noiselastiges Effektgitarrensolo und wahlweise melodische oder harte Vocals sind die (übrigens bis heute nahezu unveränderten) Grundzutaten eines HELMET-Songs – auf 40 Minuten und 14 Songs lediglich viermal auf schräge Art und Weise unterbrochen durch die Noise-Rock-Nummer „Biscuits For Smut“, den Beinahe-Rap-Song „The Silver Hawaiian“, loungige Gitarrenklänge in der ersten Hälfte von „Beautiful Love“ und das trashige Akustikgitarren-Outro „Sam Hell“. Das sorgt für Abwechslung und macht „Betty“ trotz oberflächlich betrachtet simplen Songwriting zu einer kurzweiligen Angelegenheit.

Besondere Aufmerksamkeit wurde auch der ersten, von Garbages Butch Vig koproduzierten Single „Milquetoast“ zuteil, war sie doch Bestandteil des äußerst legendären Filmsoundtracks von „The Crow“ – dem Streifen, in dem Hauptdarsteller Brandon Lee 1993 auf tragische Weise ums Leben kam. Weitere Anspieltipps sind ohne Frage der catchy Album-Opener „Wilma‘s Rainbow“, „I Know“, „Street Crab“ oder „Speechless“ – in Ermangelung von Fillern kann der geneigte Zuhörer nahezu einen beliebigen Track auswählen und dürfte nicht enttäuscht werden.

Wer ein Faible für (tendenziell) melodische, groovige und rifforientierte Musik hat, sollte „Betty“ auf jeden Fall mal gehört haben. Unabhängig vom Legendenstatus haben HELMET mit „Betty“ allerdings auch ein zeitloses Gute-Laune-Album erschaffen, das bis heute genreübergreifend Spaß macht und einfach ohne Ausfälle super durchläuft.

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Wertung: 10 / 10

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