HELLWELL ist der Name des ersten offiziellen Nebenprojektes von Mark Shelton, dem Mastermind hinter den legendären US-amerikanischen Epic Metallern Manilla Road. Damit ist zugleich die Richtung vorgegeben, denn natürlich gibt es Ähnlichkeiten zwischen Manilla Road und HELLWELL, wie sie besonders in dem Track „Deadly Nightshades“ zum Ausdruck kommen. Hier mischt sogar Manillas Sänger Hellroadie im Gesang mit. Dennoch handelt es sich bei „Beyond The Boundaries Of Sin“ nicht um das 16. Studioalbum von Manilla Road, auch wenn man dies zurzeit häufig lesen muss.
Denn der größte Unterschied klingt schon beim Opener „The Strange Case Of Dr. Henry Howard Holmes“ klar erkennbar durch: der Einsatz von Keyboards. Aber kein Fan des klassischen Epic Metals muss sich jetzt Sorgen machen – wir sprechen hier nicht von Synthesizer-Gedudel, sondern von guten und ehrlichen Hammond-Orgel-Klängen. Diese passen ausgezeichnet zum Klang und sind nicht etwa nur schmückendes Beiwerk, sondern tragen in vielen Songs über weite Strecken die Melodien. Die Gitarren sind im Mix ein Stück nach hinten gerutscht, was aber angesichts der atmosphärischen Wirkung der Orgelklänge überhaupt nicht stört – und nicht zuletzt wegen der eher dünnen Produktion der Rhythmus-Gitarre keine schlechte Wahl war.
Shelton selbst beschreibt die Musik als „killer heavy doom like thrashy bombastic epic progressive mayhem“. Das ist etwas prätentiös, im Kern aber nicht völlig falsch. Die Substanz bleibt US Epic Metal, aber durch die breiten Orgelklänge denkt man unweigerlich an frühe Black Sabbath. Hinzu kommen ein paar wenige doomige Passagen, atmosphärische Zwischenspiele und zwischendurch darf es auch mal kurz thrashig poltern. In den besten Momenten klingen HELLWELL also wie eine weniger produzierte und aufpolierte Variante von The Vision Bleak. Das liegt sicher auch an der Themenwahl, denn – thematisch auf der Höhe der Szene – geht es um okkulte Horror-Themen: Mord, Totschlag, Ungeheuer um und in uns. Vieles davon erinnert an Lovecraft, basiert aber wohl auf Geschichten, die der Keyboarder selbst geschrieben hat. Vielleicht kein Wunder bei dem Namen, den sich die Band gleich angeeignet hat.
Entsprechend der komplexeren Hintergründe und der Zeit, die sich die Arrangements lassen, sind die Songs etwas länger ausgefallen und haben mit einer Ausnahme immer mindestens fünfeinhalb Minuten Länge. „End Of Days“ schlägt gar mit 13:42 zu Buche und gibt damit Raum für diverse gut integrierte instrumentale Passagen. Vielleicht liegt in dieser Richtung auch eine Entwicklungsmöglichkeit der Truppe um Shelton, um den Vergleichen mit Manilla Road zu entkommen. Weitergehen soll es nämlich auf jeden Fall: Die drei haben sich inzwischen neue permanente Mitglieder gesucht, um das Line-Up live-tauglich zu machen. Nach dem neuen Manilla Road-Album soll die Reise von HELLWELL fortgesetzt werden – eine Reise, die interessant bleiben dürfte.
Wertung: 8 / 10