Holt eure Kutten und weißen Turnschuhe raus, denn HELLISH CROSSFIRE aus dem Land, wo Bier und Weißwurscht fließen, beehren uns mit ihrem mittlerweile zweiten Album „Bloodrust Scythe“ und somit einer guten Dreiviertelstunde erstklassigem Teutonen-Thrash der ganz alten Schule. Die Nürnberger reihen sich in die Riege traditionsbewusster Bands wie Witchburner und Nocturnal ein und wandeln auf den Pfaden von Altmeistern wie Living Death und Iron Angel (deren erstes Album wohl nicht zufällig „Hellish Crossfire“ heißt).
Dem Image, das die Franken hier vermitteln, werden sie absolut gerecht. Der erste Durchlauf hat mir ein dreckiges Grinsen ins Gesicht gezaubert und meine Hosen gefühlte drei Nummern enger gemacht. Klingt nach Klischee? Absolut, doch genau das ist das passende Stichwort, denn das Quartett lässt keins aus: das fängt bei den stilechten Künstlernamen an, die sich die Musiker verpasst haben, geht über das Sensenmann-Albumcover mit Pentagramm und hört bei Liedtiteln wie „Night of the Possessed“ und „Into the Old and Evil“ auf. Die Jungs vermieden es dabei, uns mit uninspirierten Kopien jahrzehntealter Songs zu langweilen und schufen mit altbekannten Trademarks eine Reihe erfrischender und eingängiger Nummern, denen sie ihren persönlichen Stempel aufgedrückt haben.
Wie wir alle wissen, war die Metal-Szene in den Achtzigern lange nicht so ausdifferenziert wie heute, die Scorpions waren ebenso Metal wie Iron Maiden und man konnte die Anzahl der Subgenres wohl noch an einer Hand abzählen. Dementsprechend befinden sich auf „Bloodrust Scythe“ neben der thrashigen Hauptausrichtung auch zahlreiche Elemente von Speed Metal, Power Metal und auch Black Metal. Anstatt monotones Gebolze bieten uns HELLISH CROSSFIRE von allem ein bisschen, ohne dabei in die Profillosigkeit abzudriften. Temporeiche Passagen mit Drumming an der Grenze zum Blastbeat (die alten Sodom lassen grüßen) reihen sich an gemäßigte, aber dennoch aggressive Ausflüge in den Midtempo-Bereich, bei denen Gitarrist Christian Wachter einige richtig geile Heavy Metal-Riffs sowie zweistimmige Leads und hier und da auch anspruchsvolle Soli auspackt. Seine Gitarre hat er nicht heruntergestimmt und entlockt ihr einen Sound, der stellenweise stark an das erste Slayer-Album erinnert. Sänger Thomas Werner unterlegt die acht Abrissbirnen mit seinem dreckigen, räudigen Organ und klingt dabei, als hätte man ihm bei den Aufnahmen ein Messer an die Kehle gehalten. Mich persönlich erinnert seine Stimme am ehesten an Jeff Becerra von Possessed.
Zum restlichen Sound bleibt zu sagen: Wer hier eine hochglanzpolierte Andy Sneap-Produktion oder technische Perfektion erwartet, wird enttäuscht sein, aber an dieser Stelle der Review hat sich wohl jeder vergegenwärtigt, dass es bei HELLISH CROSSFIRE um etwas ganz anderes geht. „Bloodrust Scythe“ ist hart, schnell, rabiat und versprüht zu jeder Minute den rohen Spirit seiner 80er Jahre-Vorbilder. Das Rad hat der Vierer mit diesem Langeisen natürlich nicht neu erfunden, vielmehr kann man der Gruppe eine absolute Innovationsresistenz bescheinigen, doch wer legt bei dieser musikalischen Ausrichtung schon besonderen Wert darauf? Die Spielfreude der Band ist absolut ansteckend und hinterlässt das Bewusstsein, dass die Jungs hundertprozentig hinter dem stehen, was sie hier abgeliefert haben. Unterm Strich genau der richtige Soundtrack, um ’ne leckere Dose Ratskrone zu köpfen und die fettige Matte kreisen zu lassen oder, ohne die Klischeekeule wieder auszupacken, einfach nur um Spaß an einem authentischen Stück Musik zu haben. Und das gilt nicht nur für die Old School-Spezialisten da draußen.
Wertung: 8 / 10