Review Heidevolk – Walhalla Wacht

Kann Holland wirklich nur auf seinen guten Käse, schöne Windmühlen, lustige Holzschuhe und den Gewinn der Fuball-EM 1988 stolz sein? Nein, ich glaube nicht. Da gäbe es zum Beispiele eine Pagan Metal-Band HEIDEVOLK, die mit ihren sechs Jahren noch relativ jung ist – und trotzdem schon ordentlich zeigt, wo der Hammer hängt. Es war im Sommer 2002 in der niederländischen Provinz Gelderland, als sich 6 junge Männer entschieden Musik zu machen und zu zeigen, dass das Erbe ihrer Vorfahren weit umfangreicher als das der bekannten Klischees ist. Kurz nach den ersten fertigen Songs wurden die Niederländer von ihrem unstillbaren Durst, live zu spielen, auf die Bühnen getrieben und bereits 2004 überraschten sie mit ihrer Debut-Single „Het Gelders Volkslied“ die europäische Folk- und Pagan Metal-Landschaft, ein Jahr später war es Zeit für das erste Studioalbum „De Strijdlust Is Geboren“. Darauf erschien 2007 die zweite Single „Wodan Heerst“ als Vorgeschmack auf das kommende Studioalbum „Walhalla Wacht“, welches ich nun in den Händen halten kann.

Gleich zu Anfang sollte auch dem unaufmerksamsten Hörer auffallen, dass HEIDEVOLK keine gewöhnliche Folk Metal-Band sind. Sie haben nämlich mit Joris den Boghtdrincker und Mark Slintervuyscht nicht nur zwei starke Mannen am Gesang, sondern mit den beiden auch zwei klare, nicht keifende, grunzende oder growlende Stimmen. Richtig gehört: die Niederländer kommen komplett ohne verzerrten Gesang aus und verlassen sich vollkommen auf den klaren Gesang der beiden Sänger.

So auch beim Eröffnungsstück „Saksenland“. Der zweistimmige Gesang in Verbindung mit den erdigen und passiv eingesetzten Drums von Joost Vellenknotscher beflügelt die Fantasie geradezu. Man kann sich einen Streifzug durch das große Waldgebiet Velwue im Norden Gelderlands vorstellen, an dessen Rand die beiden in Felle gekleideten Männer stehen, deren Stimmen vom Wind durch die Wälder getragen werden. Zumindest bevor man dann in den Krieg ins „Saksenland“ geschickt wird – dort schlägt die Stimmung mit den einsetzenden E-Gitarren um, wird härter, bleibt aber dennoch sehr melodisch. Die Folkelemente sind praktisch in jedem Song allgegenwärtig – wie zum Beispiel der Einsatz des Horns auf „Koning Radboud“, einem der instrumental ansonsten härteren Tracks oder die Violine auf „Wodan Heerst“, dem mit seinen 8:04 Minuten gleichzeitig längsten Stück der Scheibe. Auf dem Titeltrack „Walhalla Wacht“ schaukelt man sich beispielsweise von sanften Klängen akustischer Gitarren zum schnellen verzerrten Spiel hoch, lässt die Spannung mit jedem Riff weiter steigen, bis sie sich wieder in den „Hoi“-Rufen der Wilden entlädt.

Die einzigartige Atmosphäre auf „Walhalla Wacht“ wird aber nicht zuletzt auch von Titeln wie „Hulde Aan De Kastelein“ und „Naar Den Hal Der Gevallenen“ erzeugt, die komplett ohne harte Gitarrenklänge auskommen und komplett akustisch, in ihrer Art ruhig und gleichzeitig sehr auftreibend sind. Hier liegt der Erfolg abermals in den Bassstimmen der beiden Sangeskünstler, die dem gesamtem Album und jedem einzelnen seiner Songs einen einzigartigen Charakter verleihen. Erzeugt wird auf den beiden genannten Songs beinahe sogar ein Klangbild, das visuelle Formen annehmen kann – das Besingen von Toten am Lagerfeuer oder das Feuern einer überstandenen Schlacht; beides ist denk- und absolut vorstellbar. Den krönenden Abschluss bildet „Dageraad“, das ausnahmsweise ohne Gesang auskommt, dafür aber mit Akustikgitarren, Violinen und Flöte eine nahezu perfekte Idylle erschafft.

Das perfekte Zusammenspiel aus Folkinstrumenten, den immerzu melodiösen Gitarrenläufen, charakteristischen und markanten Stimmen und der Rhythmusarbeit der Herren Vellenknotscher und Roodbaert an Schlagzeug und Bass wirkt keine Sekunde langweilig. Ein schwacher Song, der den Gesamteindruck nach unten ziehen könnte, ist nicht auszumachen. „Walhalla Wacht“ unterscheidet sich von genregleichen Alben vor allem durch den abwechslungsreichen und den, zugegeben, nicht ganz typischen Gesang und die Frische, die hinter jeder Ecke auf den Hörer lauert. Einzig die Frage nach dem Langzeitspaß, der Freude, die einem auch nach zig Wiederholungen noch ereilt, darf in Frage gestellt werden. Aber bis es so weit ist, wird die Scheibe der Niederländer viele Male im CD-Spieler rotieren. Daher gibt es hierfür eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für jeden Freund des (Pagan-) Folk Metals.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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