Review Heaven Shall Burn – Deaf To Our Prayers

Nach der famosen „Antigone“ vor zwei Jahren machten sich die Thüringer HEAVEN SHALL BURN auf, ein weiteres Album voller Aggression, Emotion und Statement aufzunehmen. Gitarrist Patrick Schleitzer hat die Band seit der letzten Veröffentlichung verlassen und wurde durch Alexander Dietz, einen Freund der Band, ersetzt. Dieser brachte sich gleich im Songwriting der Gruppe ein und hat somit seinen eigenen Anteil am Schaffen der Band. Im Vorfeld wurde den Fans versprochen, dass die neue Platte „Deaf To Our Prayers“ ebenso direkt sein würde, wie der Vorgänger, aber noch ein Quentchen brutaler und intensiver. Textlich behandelt das Album unter anderen Missstände der Arbeiter im 19. Jahrhundert oder die Schlacht um Warschau, bei der polnische Partisanen gegen eine Besetzungsübermacht antraten. So wurden die Erwartungen an das fünfte eigenständige Album bereits im Vorfeld von der Band in die Höhe getrieben.

„Counterweight“, der interessierten Anhängern der Band schon vorab ins Ohr gegangen ist, macht den Anfang und unterstreicht die oben erwähnten Aussagen zur Marschroute. Großzügig fliegt einem die volle Portion Aggression entgegen. Das Riffing klingt erneut wie ein freundlicher Gruß aus Götheborg und Marcus‘ Gesang hat vorher nicht dagewesene Growl-Einlagen, was sich sehr positiv auf die Musik auswirkt. Neben seinen unverkennbaren Screamvocals stoßen nun auch noch hervorragende Growls dazu. Ebenso gehen vom Schlagzeug viele variierende Impulse aus. Freilich setzt es viele Doublebass-Passagen, aber eben auch ausgewogenes, technisches Drumming. Bärenstarke Songstrukturen mit vielen Tempowechseln sind ebenso Programm wie Songs, die durchgängig brettern. Gleich der zweite Song bietet diese ausgeklügelte Struktur, denn so vielfaltig wie bei „Trespassing Of The Shores Of Your World“ hat man HEAVEN SHALL BURN bis dato wohl sehr selten erlebt. Musikalisch kann man beim Durchhören der Platte schon sehr früh den permanenten Fortschritt heraushören, was einem zwar nicht unbedingt schnellen Zugang zur Materie verschafft, aber dadurch wird das Album lebendiger und wächst mit jedem Durchlauf.

Auffällig ist übrigens die Tatsache, dass man neben der ganzen Wut deutlich mehr Groove in den Leads hören kann als noch beim Vorgänger. „Stay The Curse“ spielt da ganz oben mit, der Gesang verheißt echt nichts Gutes; aber die Gitarren, ich will nicht sagen entschärfen die Botschaft, aber sie hören sich einfach mächtig cool an. Ein lückenloser Melodeath-Kracher verbirgt sich hinter „The Final March“, pure Gewalt gepaart mit äußerst eingängigen Strukturen. Wo wir eben schonmal den Punkt der Coolness behandelten, sollte der außergewöhnlichste Songtitel des Albums, „Mybestfriends.com“, nicht außer Acht gelassen werden. Er beginnt mit donnernden Riffs, die Ansätze von Stakkato haben, und tollen treibenden Drumraketen. Die Botschaft ist eindeutig: Man soll nicht vereinsamt im Netz auf Freundessuche gehen, sondern etwas mit seinem realen Leben anfangen. Als nächstes, liebe Freunde angesagter Musik mit Ursprung in Amerika, zeigen HEAVEN SHALL BURN, wie sich aktueller europäischer Death Metal anhört. „Biogenesis – Undo Creation“, der „neueste“ Song der Gruppe, glänzt durch ungewohnt tiefe Growls, die nicht zum Abrunden des üblichen Gesangs dienen, sondern die den Song absolut bestimmen. Zudem ist dieser Song der mit Abstand düsterste.
Ganz anders ist dann wieder „The Greatest Gift Of God“, der Rausschmeißer. Das immer wiederkehrende „False prophets rule your life“ regt beinahe zum Mitschreien an und lässt das Album stilistisch ganz anders enden, als das bis dahin gehörte. Sehr geschickt gemacht und ein im Ganzen ein kurzer Song mit Lyrik, die viele wohl unterstreichen können. Wer die Hände in Gottes Richtung streckt, wird sein wohl Gesicht niemals fühlen können. Man braucht einzig den Glauben an sich selbst.

Damit endet ein würdiger Nachfolger des nun zwei Jahre bestehenden Höhepunktes der Band. „Deaf To Our Prayers“ ist der neue Höhepunkt des Fünfers und stellt gleich mit Release hohe Erwartungen an alles, was von dieser sympathischen Band noch kommen mag. Dieses Album hat alles, was es haben muss, wenn man ein emotionsgeladenes Wutpaket braucht. Starke Melodien, enorm viel Druck und eine noch stärkere Aussagekraft. Wem das hier alles zu heftig und düster erscheint, dem sei empfohlen, sich mit anderen Bands, wie etwa Unearth, Caliban oder Trivium zu beschäftigen. Musikalisch hat diese Darbietung mit Metalcore überhaupt nichts zu tun. Ein wahrhaftiges Melodeath-Brett mit Texten, die zum Nachdenken verleiten.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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