Review Heart Of A Coward – The Disconnect

Eines der schwierigsten Unterfangen für Bands ist es, einen Sängerwechsel zu verkraften. Zu allem Unglück geschah dies HEART OF A COWARD ausgerechnet nach ihrem Durchbruchsalbum „Deliverance“ aus dem Jahre 2015. So dauerte es fast vier Jahre, bis die hungrigen Fans endlich den Nachfolger „The Disconnect“ bestaunen dürfen. Mit Kaan Tasan, ehemals Sänger der Tech-Death-Band No Consequence, stellten sich die Briten neu auf und wappneten sich für die schwere Aufgabe, die alten Fans zu überzeugen und gleichzeitig den vor Jahren eingeleiteten Aufstieg fortzusetzen.

Dass diese Mammutaufgabe ihnen gelingen sollte, deutet sich bereits in den ersten Tönen an. HEART OF A COWARD machen nahtlos dort weiter, wo sie vor vier Jahren aufgehört haben. Der Opener „Drown In Ruin“ baut sich mit schnellem Stakkato-Riffing und filigranem Tapping auf, bevor die pure Wut in Form von Kaan Tasan über dem Hörer einbricht. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Jamie Graham ist der Grundton seiner Screams zwar höher, jedoch nicht weniger brutal. Dies gibt der Band die Chance, ihrem Sound neue Elemente hinzuzufügen.

Dass HEART OF A COWARD in ihrer Musik deutlich härter zu Werke gehen wie viele ihrer Genrekollegen, hat sich dabei nicht verändert. Dennoch hat die Band auch auf „The Disconnect“ wieder das richtige Gespür für den Einsatz von melodischen Parts und Klargesang. Die Refrains von „Ritual“ oder „Collapse“ prägen sich sofort ins Gedächtnis ein und laden live zum Mitgröhlen ein. Zwar klingen die Clean Vocals an manchen Stellen etwas schief („Culture Of Lies“), was Tasans Performance jedoch in keinster Art und Weise weniger beeindruckend macht. Die größte Stärke ihres vierten Albums ist jedoch die schiere Unberechenbarkeit: Der plötzliche Tempowechsel in der zweiten Strophe von „In The Wake“, die pure Gewalt in „Parasite“ oder das ruhige „Return To Dust“ zeigen die vielen Facetten, die HEART OF A COWARD auch im Jahre 2019 noch auszeichnen.

Ebenso ist hervorzuheben, dass das hohe Niveau über die gesamte Albumlänge beibehalten wird. Der fließende Übergang von „Return To Dust“ in „Suffocate“ lässt beide Songs wie ein Gesamtwerk aussehen, wobei gerade zweiterer mit starkem Architects-Vibe daherkommt. Dass seine Qualität dabei das gesamte letzte Album der Genrevorreiter in den Schatten stellt, ist dabei umso beeindruckender. Den krönenden Abschluss setzen HEART OF A COWARD mit der Hymne „Isolation“: Riffs, die aus der Feder von Meshuggah stammen könnten treffen auf einen Refrain, den As I Lay Dying nicht besser hätten schreiben können. Obwohl man einzelne Songs auf „The Disconnect“ als Highlight hervorheben könnte, entfaltet das Album seine volle Power erst in voller Länge. Die Anordnung der Tracklist erweist sich dabei ebenso ausgeklügelt wie das Songwriting selbst und erzeugt somit eine Stimmung, wie es in jüngster Vergangenheit nur wenige Metalcore-Alben geschafft haben.

Aller Ängste der Fans entgegen, liefern HEART OF A COWARD mit „The Disconnect“ ein Brett ab, das man so nicht erwartet hat. War „Deliverance“ berechtigterweise das hochgelobte Durchbruchsalbum, so ist ihr neuestes Werk die Krönung dessen. Kaan Tasan füllt die Fußstapfen seines Vorgängers würdig aus. Trotz der unterschiedlichen Tonlage fügt er sich wie Graham perfekt in den Sound der Band ein und bringt dabei seine ganz eigenen Ansätze mit. Das Lob muss an dieser Stelle jedoch an die gesamte Band gerichtet werden, denn gerade das abwechslungsreiche Songwriting, die schiere Energie der Saitenfraktion und den Drums und nicht zuletzt Will Putneys (Fit For An Autopsy) fetter Mix, machen „The Disconnect“ zum besten Metalcore-Album der ersten Hälfte des Jahres 2019.

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Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Silas Dietrich

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