Review Hawk – Tolerance’s Paradox (EP)

Vor knapp zehn Jahren galten This Or The Apocalypse als eine der spannendsten und hoffnungsvollsten Bands der modernen Metalcore-Szene. Auch die zeitlichen Umstände hätten für eine große Karriere gepasst: Denn genau zu diesem Zeitpunkt krempelten die Architects und Northlane das Genre mit ihren stark progressiven Einflüssen ein für alle Mal um und waren Wegbereiter für unzählige junge Truppen, die ihnen nacheifern sollten. Auch musikalisch waren This Or The Apocalypse auf ähnlicher Schiene einzuordnen gewesen und dabei mit offensichtlichen Post-Hardcore-Einflüssen sogar deutlich zugänglicher als ihre Genrekollegen. Was hätte nur alles sein können, wenn sie nach ihrer vierten Platte „Dead Years“ (2012) nicht einfach aufgehört hätten, Musik zu machen?

Nun, einige Jahre später, heißt die Band HAWK, Frontmann Ricky Armellino hat großen Erfolg als Gitarrist von Ice Nine Kills und von der letzten Besetzung ist auch nicht mehr viel übrig. Einzig Armellino selbst und Lead-Gitarrist (und in der Zwischenzeit auch einziger Gitarrist) Jack Esbenshade sind von damals übriggeblieben. Ein Grund zur Freude ist die Comeback-EP „Tolerance’s Paradox“ aber allemal, denn das Musizieren haben die Jungs nicht verlernt.

Zwar sind HAWK nun nicht mehr zwischen Adept und den Architects, sondern eher bei Bring Me The Horizon zu „Sempiternal“-Zeiten einzuordnen, in Sachen Qualität hat sich aber zum Glück wenig verändert. Mit „Clvrmfkr“ zeigen HAWK sogleich ihr ganzes musikalisches Spektrum: mit kreischenden Gitarren angereicherte Chugg-Riffs, dezente Synths, die den Tracks stets Atmosphäre verleihen und das obligatorische Wechselspiel aus Klar- und Schreigesang. Was die Musik von HAWK allerdings erst so richtig interessant macht, sind die kurzen Passagen, in denen das Quartett Einflüsse des amerikanischen Traps aufnimmt und Armellino mit einer Symbiose aus Shouts und Rap überrascht („Clvrmfkr“, „Counter Ops“).

So entwickeln HAWK einen hochmodernen Sound auf „Tolerance’s Paradox“, bei dem die Band mit eingängigen Riffs („Mileage“), technisch anspruchsvollem Gitarrenspiel („King With No Survivor“) oder auch einem balladesken Song („Universes“) überzeugen kann. Dass nicht immer alles gelingt, wie auf dem zu großen Teilen etwas kitschigen „Alibi“, mag man dem Quartett dabei gerne verzeihen. Denn auf Tracks wie „Mileage“ oder „Counter Ops“ reißen HAWK das Ruder so herum, dass ein Durchhänger nicht mal auf einer EP mit sechs Titeln groß zur Geltung kommt.

Innerhalb von 22 Minuten überzeugen die Amerikaner den Hörer davon, dass ein Comeback die richtige Entscheidung war. So gelingen auf der einen Seite die genrefremden Experimente auf eine bereichernde Art und Weise, während die Gitarren auf der anderen Seite den Tracks ordentlich Power verleihen und somit auch die alten Fans ins Boot holen. Während das Erste durch den nur punktuellen Einsatz auf „Tolerance’s Paradox“ eher wie ein Herantasten und Austesten wirkt, mag man HAWK nur Mut zusprechen, auf zukünftigen Veröffentlichungen noch mehr auszuprobieren. Im Endeffekt überzeugt die umbenannte Formation mit einem Sound, der abermals genau den Nerv der Zeit trifft und vor allem die junge Hörerschaft überzeugen sollte. So bleibt nur zu hoffen, dass ein neuer Output diesmal nicht acht Jahre auf sich warten lässt.

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Publiziert am von Silas Dietrich

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