Ging es in der wiedererstarkten Thrash Metal-Szene vor einigen Jahren noch Schlag auf Schlag, ist inzwischen etwas Ruhe bei den jungen Wilden eingekehrt. Auch die aus Denver, Colorado stammenden Thrasher HAVOK haben sich seit ihrem letzten Album vergleichsweise bedeckt gehalten – untätig waren die Herren jedoch keineswegs, denn dreieinhalb Jahre nach ihrer letzten Platte konnte die Truppe einen Vertrag mit Century Media Records an Land ziehen und veröffentlicht nun mit „Conformicide“ ihre nächste Platte ehe es mit den Kollegen von Warbringer auf Tour geht.
Mit „Conformicide“ sind HAVOK hörbar bemüht, in vielerlei Hinsicht das nächste Level zu erreichen und – so viel sei vorweggenommen – das klappt auch ziemlich gut. Nach den obligatorischen Cleangitarren zu Beginn von „F.P.C.“ erlebt die Hörerschaft schon ihre erste Überraschung, denn anstelle eines kernigen Thrash-Riffs der alten Schule wird sie hier von einem geradezu progressiven Basslauf sowie einer fast schon gerappten Strophe überrumpelt – Parallelen zu Rage Against The Machine sind hier nicht vollends von der Hand zu weisen. Die Entwarnung folgt allerdings genauso schnell, denn die Nummer schlägt sodann in traditionelleren Thrash Metal um, wie man ihn von früheren HAVOK-Alben kennt.
Dennoch ist diese neu gefundene Experimentierfreude symptomatisch für „Conformicide“ und das ist durchaus nicht verkehrt. Die Burschen aus Denver präsentieren sich auf ihrem vierten Album als sichtlich gereifte Band und gehen hier oftmals mit Erfolg neue Wege abseits des 08/15-Gedresches. Wie beispielsweise Nummern wie „Ingsoc“, „Peace Is In Pieces“ oder der recht groß angelegte Abschluss „Circling The Drain“ zeigen, resultiert das in allgemein verkopfterem Songwriting und komplexeren Arrangements, was „Conformicide“ auch zum bisher sperrigsten HAVOK-Album macht – eine kompakte Nummer wie „Claiming Certainty“, die auf früheren Veröffentlichungen der Truppe voll ins Bild gepasst hätte, fällt da fast schon unangenehm auf.
Hier sind definitiv mehrere Durchläufe nötig, bis die sich die Platte voll erschließt. Positiv fällt auch auf, dass HAVOK den Bass hier nicht als reines Rhythmus-Instrument verstehen, sondern oftmals als zentrales Element der Songstrukturen verwenden, wie etwa in „Hang ‚Em High“ oder „Wake Up“. Das beweist viel schreiberischen Weitblick und kommt im Genre auch nur selten vor. Insgesamt gehen die Herren auf ihrer vierten Platte mit viel Eigenständigkeit zu Werke und schaffen es auch stellenweise, sich deutlich von anderen Vertretern des Genres abzuheben.
Wer Vergleiche zu den „großen Alten“ des Thrash sucht, der wird in Nummern wie „Dogmaniacal“ oder „Intention To Deceive“ am ehesten bei Megadeth fündig, wenngleich HAVOK deutlich mehr Aggression an den Tag legen. Bei all der Experimentierfreude spielen die Jungs aus Colorado am Ende aber doch „nur“Thrash Metal – soll heißen, ein Titel wie „Conformicide“ legt nahe, dass sich diese Band gern als entgegen aller Trends versteht und das ist hier nur eingeschränkt richtig. Zwar gelingt es der Truppe, ihre eigene Formel um ein paar wirklich spannende Elemente zu erweitern, die bereits bekannten Bahnen ihres Genres verlassen HAVOK dabei jedoch nur in den seltensten Fällen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass diese Band Thrash Metal genauso spielt, wie er sein soll und damit haben HAVOK ihre Mission zum vierten mal auf ganzer Linie erfüllt. Recht so.
Auf „Conformicide“ zeigen HAVOK in aller Deutlichkeit, wie sehr sie beim Songwriting an Reife und Routine zugelegt haben und warten mit intelligentem Riffing und allerhand wirklich guten Ideen auf – stets in der alten Schule verwurzelt befinden sich die Herren mit Album Nummer vier doch voll am Puls der Zeit und dürften ältere wie jüngere Thrash Metal-Fans gleichermaßen überzeugen. Die Altvorderen des Genres werden HAVOK wie sie selbst vollmundig in Aussicht stellen jedoch kaum ersetzen können. Zumindest nicht alleine.
Wertung: 7.5 / 10