Nach und nach nimmt mittlerweile so ziemlich jedes Label mindestens eine junge Thrash-Band unter Vertrag, um auch ein Stück vom Retro-Kuchen abzubekommen. So auch die englische Plattenfirma Candlelight Records, die ihr Glück mit den aus Denver stammenden HAVOK und deren Debüt „Burn“ versucht.
Wären die Amerikaner HAVOK zu einem früheren Zeitpunkt auf der schwermetallenen Bildfläche erschienen, hätte man es wahrscheinlich deutlich leichter, angesichts ihres unbestreitbaren Könnens in Begeisterungsstürme auszubrechen. In Anbetracht der derzeitigen Fülle aufstrebender Thrash-Metal-Bands sind HAVOK aber leider „nur eine weitere Retro-Thrash-Band“, deren Material sich objektiv betrachtet – das sei hier eindeutig betont – allerdings keinesfalls zu verstecken braucht.
Schon das eröffnende Instrumental „Wrecquiem“ macht deutlich, dass das Trio für seine ruhigeren Momente offenbar bei Metallica zur Schule ging, während sie ansonsten nicht zuletzt aufgrund der Stimmlage von Frontmann David Sanchez stark an die jungen Testament erinnern – wie positiv das ist, zeigt zum Beispiel das rasante „Identity Theft“. Auf ihrer MySpace-Seite rühmen sich HAVOK ihrer technischen Fertigkeiten und der Fähigkeit, sie behände mit der nötigen Melodie verknüpfen zu können. Beides stellt sich beim Anhören von „Burn“ als Tatsache heraus, denn HAVOK begeistern sowohl durch extrem tightes Riffing und Flitzefinger-Soli, die dem Hörer den Mund offen stehen lassen, als auch durch stimmiges Songwriting – siehe hierzu „The Disease“.
Der im Vergleich zu anderen Veröffentlichungen der jüngeren Zeit eher räudige, trockene Sound des Debüts der drei Jungs aus Denver mag anfangs etwas störend wirken, trägt aber nach wenigen Durchläufen sehr zur Authentizität von „Burn“ bei und verleit der Band ein sehr individuelles Klanggewand. Die erwähnten Begeisterungsstürme bleiben dennoch aus, da es HAVOK es ob ihres Könnens nicht gelingt, sich von ihren derzeit so zahlreich Vorhandenen Kollegen bzw. Konkurrenten abzuheben. Dafür hat man die Gang-Shouts, Breaks, Galopp-Riffs und ruhigen Zwischenparts schon zu oft gehört. Was bleibt ist ein grundsolides Thrash-Album, das aber leider nicht mit den Genre-Spitzenreitern Mantic Ritual und Warbringer mithalten kann.
Wer bisher nicht viel mehr als die genannte Genre-Referenz kennt und sich tiefgehender mit dem Phänomen Retro-Thrash auseinandersetzen möchte, dem bieten HAVOK einen hervorragenden Ansatzpunkt. Dennoch wird deren Debüt aufgrund der aktuellen Beschaffenheit der Szene wohl nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die es verdient, da es dafür etwas zu wenig Eigenständigkeit zu bieten hat.
Wertung: 7 / 10