Hatehug Doomsday Glacier Album Cover Artwork

Review Hatehug – Doomsday Glacier

  • Label: SubZine
  • Veröffentlicht: 2022
  • Spielart: Punk / Punk Rock, Hardcore Punk

HATEHUG – das wird die Germanisten freuen – haben sich als Bandnamen ein Oxymoron ausgewählt, also eine Kombination zweier sich widersprechender Begriffe, wie im vorliegenden Fall „Hass“ und „Umarmung“; Ab- und Zuneigung; Feind- und Freundschaft; Abscheu und Liebe. Dabei hält sich das Berliner Quartett in seiner Musik gar nicht mit Ambivalenzen auf, sondern bietet mit „Doomsday Glacier“, dem neuesten Longplayer nach dem 2019er Werk „Russian Perfume“, der Mini-LP „All Them Suckers“ und zwei Demos, erneut geradlinigen und schnörkellosen Hardcore Punk.

„Longplayer“ ist dabei im Kontext des Genres zu verstehen, denn „Doomsday Glacier“ geht wie schon sein Vorgänger mit einer Spielzeit von etwa 20 Minuten über die Ziellinie – was gemessen an der Intensität und Dichte der Spielart vollkommen in Ordnung ist. Im Vergleich zum recht kantig klingenden „Russian Perfume“ haben HATEHUG in puncto Sound jedoch eine Schippe draufgelegt und die Platte von Will Killingsworth in den Dead Air Studios in Massachusetts diesmal nicht nur mastern, sondern auch mischen lassen. Im Ergebnis klingen die elf Tracks herrlich wuchtig und druckvoll, während die Rohheit der Musik von HATEHUG nun nicht mehr so sehr in der Produktion, aber weiterhin deutlich im Stil zu hören ist.

Ihrem direkten Ansatz entsprechend hält sich die Band nicht mit ausschweifenden Intros auf, sondern wütet im Opener „Pandemia Party“ sogleich im straighten Viervierteltakt mit Tomtom-Gedonner los. Der Bass knarzt und wummert herrlich, und nach nur einer halben Minute lernt man auch die fette Gitarrenwand und den heiseren Brüllgesang kennen, die HATEHUG zu bieten haben. Beides ist brachial, druckvoll und wird mit ordentlich Energie dargeboten. Die Ähnlichkeit zu den dänischen Hardcore-Punks Halshug ist nicht nur durch den Bandnamen gegeben, als prominentere, alteingesessene Referenzen lassen sich außerdem Discharge und G.B.H. ausmachen.

Energetisch sind die elf Hassbrocken, die das Quartett auf „Doomsday Glacier“ verewigt hat, auch insgesamt betrachtet. Die Tracks sind überwiegend im Uptempo gespielte, schnelle Brecher, die oft in stürmisch-chaotische („Borderline Bondage“) bis wütend-rastlose („Nihilism Orgy“, „Glorious Bastard“) Gefilde abdriften. Nur selten lässt sich mal eine kleine Verschnaufpause wahrnehmen, etwa in Breaks und Breakdown-Parts wie in „Burger Flipper“ und „Nihilism Orgy“ oder in kurzen Abschnitten in getragenerem Tempo – etwa in „Dystopia Detox“. Doch nach Easy-Listening sucht ohnehin niemand, der solch eine Platte auflegt. Lobend ist zudem der Song „Perfect Zero“ zu erwähnen, in dem HATEHUG das Kunststück vollbringen, in 70 Sekunden die Essenz ihres Sounds von schleppenden Passagen über wüsten D-Beat bis hin zu aberwitzigen Blastbeats unterzubringen. Darüber hinaus scheinen die vier Berliner nicht nur ein Händchen für originelle Songtitel, sondern auch für tanzbare Grooves zu haben – hierfür muss man sich nur mal die (ebenfalls nur knapp unter 80 Sekunden dauernde) Nummer „Barf Bag“ zu Gemüte führen.

Wer seinen Punk hart, ungezügelt und in fettem Sound mag, der wird mit der gut 20-minütigen Powerchord-Orgie, die HATEHUG mit ihrem neuesten Album abliefern, seine wahre Freude haben. „Doomsday Glacier“ ist ein wildes Downstroke-Gewitter, das keine Gefangenen macht und nur verbrannte Erde zurücklässt. Es ist ein Ansatz, mit dem sich schon die jungen Ramones in den Siebzigern schnell einen Ruf als berüchtigte Live-Band erarbeitet hatten. Es mag nicht mehr das Neueste sein – aber es wird eben auch nie alt.

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Wertung: 8 / 10

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