Review Harakiri For The Sky – Scorched Earth

Zu HARAKIRI FOR THE SKY braucht man eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Dennoch in aller Kürze: Das Duo um Sänger J.J. (Karg) und M.S. (Bifröst) hat sich seit seiner Gründung 2011 zu einem unumgänglichen Namen in der Szene „weichen“ und tief traurigen Black Metals etabliert. Seine ersten beiden Alben „Harakiri For The Sky“ und „Aokigahara“ sind gar wichtige Referenzwerke innerhalb ihres Genres. Da war es nur folgerichtig, ebendiese Platten 2022 neu aufzunehmen.

Etwas über zwei Jahre später legen die Österreicher mit „Scorched Earth“ ihr neues Album und somit den Nachfolger von „Maere“ vor. Es stellt sich die Frage: Wo stehen HARAKIRI FOR THE SKY nach ihren Re-Releases? Um das Wichtigste gleich zu Beginn klarzumachen: Das Duo hält seinen Standard auch auf dem sechsten Album konstant hoch. Beim Songwriting hat sich unterdessen nicht wirklich viel verändert. Zumindest, wenn es um die etablierten Formeln geht. Bestehend aus postiger Träumerei, typischer Schwarzblech-Raserei und catchy Midtempo-Parts ist alles beim Alten geblieben. Oder?

Jein. Denn zuerst fällt auf, dass sich die Stimmung auf „Scorched Earth“ dezent aufgehellt hat. Das macht schon der Opener „Heal Me“ klar. Der Start ist zwar zunächst rasant, aber diverse Tempowechsel und die Gegensätze von Laut und Leise erzeugen eine stets wechselnde Stimmungskulisse. Dass HARAKIRI FOR THE SKY direkt zu Beginn ihr erstes Gesangsfeature auffahren, ist so unüblich wie besonders, und Tim Yatras (Austere) ist die gesanglich trefflichste Wahl, um „Scorched Earth“ würdig zu eröffnen.

Der Song „Keep Me Longing“ kann mit einem stimmungsvollen Intro und einer tollen Lead-Melodie während seines ersten Drittels für sich einnehmen, während „Without You I’m Just A Sad Song“ mit treibenden Grooves und dem passenden Maß an Brutalität überzeugen kann – und zwar ohne dabei songdienliche Eingängigkeit missen zu lassen. Eine wichtige Begleitkomponente im Sound von HARAKIRI FOR THE SKY sind die sachten Keyboards, die oft mit den Lead-Gitarren verschmelzen und so einen wichtigen Pfeiler für die Atmosphäre der neuen Stücke der Österreicher darstellen. Mitreißende Harmonien der Marke „No Graves But The Sea“ oder „With Autumn I’ll Surrender“ sind Musterbeispiele für die Mischung aus Brachialität und geschickt eingewobener Schönheit, die das Duo auch 2024 treffsicher inszeniert.

Die letzten drei Songs präsentieren fantastische Features in Reihe. Auf dem von bockstarken Leads getriebenen „Too Late For Goodbyes“ macht Serena Cherry von Svalbard mit cleanem Gesang und passend gesetzten Screams einen fantastischen Job. Damit setzt sie einem der melancholischsten Songs von „Scorched Earth“ das i-Tüpfelchen auf. Da ist es nur folgerichtig, dass die Band mit einem authentischen Cover des Radiohead-Klassikers „Street Spirit (Fade Out)“, unterstützt von Grozas P.G., die Stimmungsuhr weiter aufzieht. Wen wundert es, bei so großartigem Ausgangsmaterial. Danke, Thom Yorke! Wenn dann Daniel Lang (Backwards Charm) mit seiner an Brian Molko und Manchester Orchestra erinnernden Performance am Mikrofon für HARAKIRI FOR THE SKY auf getragenen Melodien fragt: „Do I have to die to make your heart beat?“, dann ist das ein würdiger wie konsequenter Ausgang für „Scorched Earth“.

HARAKIRI FOR THE SKY untermauern auch 2024 erneut ihren Anspruch auf einen Platz auf den obersten Rängen stimmungsvollen Black Metals. Das neue Album ist im Vergleich zu „Maere“ noch ein ganzes Stück melodischer und dynamisch variabler geraten, was die Spannungskurve konstant hochhält. Die passende Auswahl der Gesangsgäste pointiert die neuen Songs von M.S. und J.J. ebenfalls hervorragend. Das Einzige, was man HARAKIRI FOR THE SKY ankreiden könnte, ist, dass „Scorched Earth“ verlässliche Qualität über neue Impulse stellt. Aber im Ernst: Wenn eine Rezeptur derart gut funktioniert, ist es dann nötig, sie zu ändern?

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Wertung: 8 / 10

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2 Kommentare zu “Harakiri For The Sky – Scorched Earth

  1. Da hat sich ein kleiner Fehlerteufel eingeschlichen.
    Tim Yatras ist von Austere ;)

    Ansonsten stimme ich der Review zu und gehe sogar soweit, dass es bisher das beste Werk von HFTS ist. Gerade die Features bereichern es sehr (J.J.s Stimme passt in meinen Ohren eher zur Karg als zu HFTS und dann tut die Abwechslung gut) und die dezenten Klavierparts wissen extrem zu gefallen.

    1. Damit hattest du absolut Recht. Weshalb auch immer ich davon überzeugt war, es seien Heretoir….
      Sei es drum, ist korrigiert. Und ja tatsächlich – die Präsenz dieses Instrumentes ist etwas das sehr gut mit dem Grundsound von HFTS harmoniert.
      Es ist immer angenehm wenn Bands eine verlässliche Bank sind.

      Danke dir für den Hinweis Kev! ;)

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