Cover Green Lung Black Harvest

Review Green Lung – Black Harvest

  • Label: Svart
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Doom Metal

Wenn die letzte Ernte eingefahren wird und sich die Blätter rot färben, dann wandert der große Pan wieder durch die Wälder, Hexen springen über Feuer und der Gehörnte selbst gibt sich die Ehre. Die musikalische Untermalung für jeden Hexensabbat in diesem Jahr kommt von GREEN LUNG, der wohl größten Underground-Doom-Hoffnung der letzten Jahre. Die Engländer haben bereits 2018 mit ihrer ersten EP „Free The Witch“ und der darauf vertonten Mischung aus Doom, Stoner, Rock und Folk-Einflüssen mit okkulten Texten Aufsehen erregt. Ihr kurz darauf erschienenes und nahezu über jeden Zweifel erhabene Debüt „Woodland Rites“ verhalf der Truppe sehr früh zu einem kleinen Legendenstatus im Underground. Es folgten Interviews mit der britischen Tagespresse und der Wechsel zu Svart Records. Pünktlich zur dunklen Jahreszeit steht nun das Zweitwerk „Black Harvest“ in den Läden und sieht sich mit massiven Erwartungen von Fans und Presse konfrontiert.

Tatsächlich werden GREEN LUNG spielend leicht mit allen Erwartungen fertig und verfeinern auf „Black Harvest“ ihren Sound hörbar. Noch härtere Riffs, noch mehr Folk, noch mehr Groove und eine noch okkultere Grundstimmung gießen die Londoner in zehn Songs. Los geht es mit dem beschwörenden Intro „The Harrowing“, bevor GREEN LUNG mit „Old Gods“ einen der besten Opener der letzten Jahre vorlegen. An diesem Song stimmt einfach alles: Er bricht mit fetten Riffs, einem nicht minder fetten Groove und Tom Templars herrlich nöligem Gesang aus den Boxen und lässt das Debüt „Woodland Rites“ bereits jetzt wie eine bloße Aufwärmübung aussehen. Weil aller guten Dinge drei sind und sich die Jungs gerade erst warmspielen, geben GREEN LUNG auch mit den folgenden „Leaders Of The Blind“ und „Reaper’s Scythe“ ordentlich Gas. Besonders das harmonische Zusammenspiel zwischen Gitarrist Scott Black und Keyboarder John Wright fällt positiv auf. Wrights Spiel ist allzeit präsent, übertönt Blacks Riffs aber nie.

Auf „Black Harvest“ lassen GREEN LUNG aber auch noch mehr Folk-Einflüsse als bisher zu. Der Titelsong und der Einstieg der doomigen Ballade „Graveyard Sun“ erinnern sogar an ihre famosen Landsleute Galley Beggar. Diese perfekte Mischung aus Folk und harter Gitarrenmusik scheint den Briten im Blut zu liegen, schließlich stammen beispielsweise auch die herausragenden Blood Ceremony von der Insel. Und klar, auch Black Sabbath haben hörbar Einfluss auf GREEN LUNG gehabt. Die klassische Doom-Handschrift schimmert am deutlichsten bei „Doomsayer“, dem härtesten Song der Platte, durch. Was andere Bands nicht mal mit drei Gitarristen schaffen, schüttelt Scott Black mit einer Klampfe aus dem Ärmel. Besonders glänzen darf der Saitenhexer bei „You Bear The Mark“, wobei das eben nicht bedeutet, sich in minutenlangem Solo-Genudel zu ergehen. Stattdessen zeigt Black eine perfekte Mischung aus brachialen Riffs und Melodie.

GREEN LUNG schließen „Black Harvest“ mit – wie sollte es auch anders sein – einem epischen Kracher ab. „Born To a Dying World“ startet relativ verhalten, bevor sich die Nummer im weiteren Verlauf zu einem opulenten 70er-Jahre-Doomer entwickelt. Während das Finale aus den Boxen tönt, wird dem Hörer erst so richtig bewusst, wie viel Talent GREEN LUNG beim Schreiben besonderer Songs haben. Denn wenn man „Black Harvest“ Revue passieren lässt, fällt einem kein Durchhänger oder wirklicher Qualitätsabfall auf. Und das wohlgemerkt schon beim zweiten Album.

Was bleibt noch groß zu sagen? „Black Harvest“ ist druckvoll produziert, überzeugt mit blasphemischen Artwork und beinhaltet zehn absolute Kracher. GREEN LUNG dürften spätestens mit diesem Album den Schritt aus dem Underground schaffen und eine noch größere Fangemeinde für sich gewinnen. Kann so viel Talent wirklich von dieser Welt sein? Haben Tom Templar und Co. ihre Seelen vielleicht doch an den Teufel verkauft? Fragen, die wohl nur die nächsten Scheiben von GREEN LUNG beantworten können.

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Wertung: 10 / 10

Publiziert am von Juan Esteban

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