GREEN CARNATION, eine Band von der ich noch nie ein Wort gehört habe, feiern mit „The Acoustic Verses“ bereits ihr 15-jähriges Bestehen. Immerhin den guten Tchort kannte ich aber schon, hat er früher doch Bass bei Emperor gespielt, unter anderem auch auf dem Black Metal-Meilenstein „In the Nightside Eclipse“. Für mich durchaus ein Grund, meine Erwartungen gleichmal ein gutes Stück hochzuschrauben. Der Albumtitel lässt schon einmal auf ein reines Akustik-Werk schließen, und sieh an, tatsächlich werden auf diesem Album wenige bis garkeine E-Gitarren verwendet, es dominiert Tchorts Akkustik-Spiel auf der Gitarre.
Und richtig, „Sweet Leaf“ ist rein akkustisch, nur selten mischt sich das Schlagzeug mit unter. Zusätzlich hört man in diesem Lied, wie auch über das ganze Album verteilt, ab und zu Einsätze diverser Streichinstrumente. Das Klavier übernimmt sogar ab und zu ein paar Melodiepassagen, insgesamt herrscht aber wie gesagt die Akkustik-Gitarre vor, und das ist auch gut so. Gesungen wird tendenziell eher höher, trotzdem geht es hier sehr melancholisch zu, alles wirkt irgendwie kraftlos – nicht im negativen Sinn – und oft genug auch verzweifelt. Songtitel wie „The Burden Is Mine…Alone“ oder dann auch einfach nur „Alone“ unterstreichen diese traurige, durch Gitarrenmelodie und Gesang geschaffene Atmosphäre dann nur noch.
Die meisten Lieder wirken am Anfang oft mystisch und behalten dann auch über die restliche Spieldauer etwas träumerisches – und, wie vor allem im Song „Maybe?“ – verlorenes bei. Das bereits angesprochene „Alone“ ist dann garnicht so sehr melancholisch, es wirkt eher traumwandlerisch, man wird – mit etwas Fantasie natürlich – bei manchen Passagen an einen Ballsaal erinnert, in dem Tänzer im Halbschlaf ihrer Beschäftigung nachgehen. Andererseits könnte die Musik aber auch sehr gut zu einem Filmausschnitt passen, in dem man einen mittelalterlichen, gemütlichen Markt und die Leute darauf beobachtet. Die Musik lässt einem – wenn man sich darauf einlässt – also die verschiedensten Bilder im Kopf entstehen. Und da bildet eigentlich kein Lied eine Ausnahme. Das 15-minütige „9-29-045“ ist stimmlich zum Teil ein Stückchen tiefer angesetzt als die vorhergehenden Songs, die Atmosphäre würde ich – wenn das nicht dazu führen würde, dass man diese Review kaum mehr ernst nehmen kann, weil dieses Wort in diesem Sektor viel zu klischeebeladen ist – besonders über die ersten 5 Minuten schon fast als herzzerreißend bezeichnen. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Musiker von Green Carnation nicht, wie viele andere Bands versuchen, einem die Traurigkeit und Melancholie förmlich einzuprügeln. Gute Laune-Musik ist es natürlich auch von außen betrachtet nicht. Metal, mal so am Rande erwähnt, auch nicht wirklich. Eigentlich nur von der atmosphärischen Tiefe her. Der progressive Charakter des Albums ist da nur dienlich, die nie langweilig werdenden Melodielandschaften lassen einen kaum mehr los. Was mir persönlich dann doch ein Schmunzeln entlockt hat, war der nochmalige Blick auf die Besetzung während dem Anhören des Albums. Dass Tchort auch Lieder für eine Band wie Carpathian Forest geschrieben hat, scheint einem hier mehr oder weniger unvorstellbar.
Das einzige, was einen an diesem Album also meiner Meinung nach stören könnte, ist eben das rein akkustische Gewand, wenn man eben eher Gothic Metal, mit entsprechenden Instrumenten erwartet, wird man hier bitter enttäuscht. Sonst gibt sich dieses Album aber eigentlich keine Blöße, es ist einerseits gut um es nebenher zu hören, da die Songstrukturen nicht in irgendeinerweise verworren oder so etwas sind, wie das bei anderen Bands, die das Wort „Atmosphäre“ ganz groß schreiben passiert, andererseits kann man sich aber auch die Kopfhörer aufsetzen, die Augen schliessen und ein ums andere Mal in die großartige Klangwelt der Norweger eintauchen.
Wertung: 8.5 / 10