Schweden. Die geographische Mitte Skandinaviens. Aus ihr sprießen schon seit Jahren reihenweise talentierte Death Metal-Musiker hervor, sodass sie sich zu einem wichtigen Nährboden des gesamten Genres entwickeln konnte. Nicht selten besitzt der Sound der verschiedenen Bands hohe akustische Wesensgleichheit, wobei lediglich die Perspektive zu variieren scheint. Des Weiteren werden immer häufiger regelrechte „All-Star-Gruppen“ aus der Taufe gehoben, in denen – wie der Name schon sagt – mehrere arbeitswütige Zentralfiguren der Szene involviert sind. Bloodbath waren es einst, die der Masse vorausritten und trotz der hochkarätigen Konkurrenz in Form von Bands wie Nightrage oder den finnischen Chaosbreed, konnten sie als einzigste Formation wirklich durchschlagenden Erfolg verbuchen. Nach Ribspreader gesellt sich nun ein weiterer Rivale in den Kreis der nordischen Todesblei-Puristen, und zwar mit dem festen jedoch wagemutigen Vorsatz, diesen zu dominieren: God Among Insects – ein Quartett, dessen Sound eine wahrhaftige Inzucht diverser, stets traditioneller Schwedentod-Klänge ist. Das unerbittliche Streben, ihre brutale Kunst von fremden Elementen reinzuhalten, findet bereits mit dem Debütalbum „World Wide Death“ seine gänzliche Erfüllung. Lediglich Fragmente des klassischen, ohnehin soundverwandten Florida-Death Metals sind hier vorzufinden, andersartige bzw. weniger detonationskompatible Einflüsse werden schon alleine von der fetten Produktion ausgelöscht, die man bei Tommy Tägtgren – des werten Peters kleiner Bruder – in den Abyss Studios vollzog. Und dieser hat in der Tat ein gigantisches Bollwerk geschaffen, welches von nichts Existentem ins Wanken gebracht werden kann und zugleich als monströses Fundament dient, auf dem God Among Insects ihre massiven Stahlträger errichten. Doch welch Musiker verbergen sich nun hinter diesem Namen? Allen voran wäre da Lord K Philipson, der das Projekt laut eigener Aussage ins Leben gerufen hat, weil er für das von ihm geschriebene Material, welches seiner Hauptband The Project Hate nicht so gut zu Gesicht steht, eine Verwendung finden wollte. Im Frühjahr 2004 scharrte er kurzerhand Schlagzeuger Tobben Gustafsson von Vomitory, Bassist Tomas Elofsson, der hauptamtlich bei Sanctification die Rolle des Gitarristen einnimmt, sowie Emperor Magus Caligula, allseits bekannter Vokalist von Dark Funeral – einst auch unter seinem eigentlichen Namen Masse Blomberg bei Hypocrisy tätig, zusammen, um ein Death Metal-Album zu machen, das dieser Bezeichnung mehr als nur gerecht wird. Die exzessiven Lobpreisungen, welche der Band im Vorfeld zu Teil wurden, ließen nicht nur immens hohe Erwartungen, sondern auch eine gewisse Skepsis gedeihen. Ob diese tatsächlich unbegründet ist, bleibt nun zu analysieren.
Der Opener „Legions Of Darkness“ verzichtet dankend auf ein Intro und lässt stattdessen Funke und Benzin von der ersten Sekunde an miteinander tanzen. Die Gitarre ist abgrundtief heruntergestimmt und der Drumsound einfach exzellent – äußerst druckvoll und transparent, wenn auch leicht steril. Caligula thront über einem satten Old School-Riff, welches Tobben Gustafsson mit einem größtenteils in wuchtigen Vierteln geschlagenen Groove zu fundieren weiß. Daran anknüpfend sorgt ein durch propellerartiges Gitarrenspiel sehr schwungvoll ausfallender Part für Abwechslung, bevor dieser wiederum von einer kraftvoll stampfenden Passage abgelöst wird. Zum Ende hin geht der Song erneut treibenderen Strickmustern nach. „A Gush Of Blood“ gönnt einem wahrlich keine Auszeit und setzt die Vernichtung jeglicher Idylle gezielt fort. Die Gitarrenarbeit wird von Gustafsson zu Beginn mit Becken und Bass Drum geschickt akzentuiert. Ein kurzer Fill schmeißt den Hörer in einen schwerfällig groovenden Part, der im Verlaufe des Songs ein Wechselspiel mit dem herrlich mitreißenden, markanten Grundriff sowie orkanartigen, aber stets kontrollierten Gitarrenwänden vollzieht. „Headless Nun Whore“ beginnt als rasanter Highspeed-Feger, der nach ca. einer Minute jedoch in einen göttlich doomigen Part übergeht, dem man sich einfach voll und ganz hingeben muss. Zermalmende Intensität, umhüllt von einem sündhaft schleppenden Gewand. Der Versuch, mich untergebenst vor meiner Anlage niederzuknien, scheitert, als mir das grenzenlos versierte und ungeahnt brachiale Ende dieses Tracks entgegenschallt. Hier peinigt ein exorbitantes Stakkato-Riff in Verbindung mit einem schlichtweg todbringenden Drumming die vollends zerfetzte Membran des schweißgebadeten Hörers. Aus und vorbei. God Among Insects sind die Band der Stunde! Der straight voranwalzende Anfang von „Wretched Hatching“ gleicht da schon fast einer Erholungskur, obwohl der Double-Bass unablässig wummert und die fies sägenden Gitarren jedes Lüftchen zu durchschneiden vermögen. Doomig schlängelt sich der Song in seine letzte Minute hinein und wird schließlich von einem urgewaltigen Break zerschmissen, den Tobben Gustafsson in höchster Präzision über sein gesamtes Set schmettert. Sagenhaft, was sich der Mann auf diesem Album abverlangt. Schon auf dem diesjährigen No Mercy Festival in Osnabrück hat mich seine Leistung hinter den Kesseln von Vomitory sehr beeindruckt, aber das hier ist die absolute Krönung. Er scheint sich einfach selbst übertroffen zu haben. Nach diesem fulminanten Einschub schaltet die Band noch mal auf volle Rotation.
Das anschließende „Chainsawed Christians“ dürfte die zutiefst kirchenfeindliche Haltung des Vierers vollends unterstreichen, welche schon durch das vulgäre, in Deutschland bereits zensierte Cover und einige „dekorative“ Sprüche auf dem Promo-Zettel deutlich wird. Ein kurzes Intro ist verklungen – gefolgt von einem ausgeprägten Break, der als Initialzündung dient – da verrichtet die instrumentale Kettensäge gnadenlos ihr blutiges Werk. Zudem wurden noch ein paar Soundsamples eingestreut, welche eben dieses Szenario dokumentieren. Obendrein garantiert ein doomiger Abschnitt im Mittelteil mal wieder für absoluten Hochgenuss. „Purified In Carnage“ wartet mit einer innovativen, ultratighten Songstruktur auf. Der Double-Bass wird fast konstant durchgetreten und erhält während der eröffnenden Passage vehemente Unterstützung von einem tonnenschweren Stakkato-Riff, das sich jeweils nach 1 ½ Takten seinen Weg durch die Boxen bahnt. In der zweiten Hälfte des Tracks wird ununterbrochen ein interessantes, zielsicher schwirrendes Riff wiederholt, das auf Grund seiner häufig wechselnden Tonlage sowie durch die lasziven Spielerein, welche Tobben Gustafsson auf der Beckenkuppe vollzieht, keinerlei langweilige Züge annimmt. Gegen Ende bewegt sich das Stück langsam in den Abgrund und ist beinahe gänzlich verklungen, als ein industrial-lastiger Stakkato-Akkord die Dynamik bis zum Siedepunkt anschwillen lässt und letztendlich in „Urprising Of The Rotten“ übergreift, wobei ihm wieder eine todesmetallische Färbung verliehen wird. Dieser Song bündelt – genau wie das darauffolgende „Severe Facial Reconstruction“ – jegliche, für das Album repräsentative Elemente und animiert förmlich zu halsbrecherischem Mattenschütteln. Abschließend darf man den Klängen eines wahrhaftigen Übersongs lauschen, der mit einem Titel versehen wurde, wie er besser nicht aus dem Stimmorgan röhren könnte: „Uhr-Nazuur“ – vielleicht ein Extrakt aus der orkischen Sprache. Anfangs groovt das Quartett hier im teils triolischen Midtempo höllisch ab und schwingt im Anschluss mächtig die Blastbeatkeule. Noch keine drei Minuten sind vergangen, da scheint der Song langsam zu verebben, doch schon wenige Sekunden später dürstet Lord K Philipson ein weiteres Mal um die Gunst des Hörers und so findet das Album in einem voluminösen Doom-Part mit wunderbar zynischem Flair seinen letzten Höhepunkt. Zwar ist dieser meisterhafte Song nicht besonders innovativ, aber dafür äußerst intelligent arrangiert und perfekt ausgereift. Übrigens hat die Band zu der Komposition auch ein Video gedreht, welches man sich auf der Bandhompage www.godamonginsects.se downloaden kann.
Was bleibt also noch zu sagen? Diese CD bietet einfach technisch hochklassigen Death Metal in Reinform, der von einer hervorragenden Produktion begünstigt wird. Die Gitarren erreichen monumentale Tiefenfrequenzen und verschmelzen mit Caligula’s donnerndem Groll zu kolossalen Brocken aus purer Vehemenz, welche von der herrischen Rhythmusfraktion unentwegt immer neuen Druck schöpfen. Vereinzelt weiß sich Caligula durch schrille Schreie von der wütenden Instrumentalfront zu differenzieren, womit er sogar eine zarte, schwarzmetallische Brise in das brutale Geschehen hineinhaucht. Ich wage zu behaupten, dass „World Wide Death“ eindeutig zu den besten Death Metal-Veröffentlichtungen des Jahres gehört, weshalb ich jedem Liebhaber dieser Stilrichtung einen nicht zu missachtenden Kaufbefehl aussprechen möchte. Ein Referenzwerk mit entsprechender Vorankündigung, welches mich hoffen lässt, dass die Zusammenarbeit des Quartetts auch in Zukunft noch Bestand haben wird.
(Daniel H.)
Wertung: 8.5 / 10