Review Gleb Kolyadin – Gleb Kolyadin

  • Label: KScope
  • Veröffentlicht: 2018
  • Spielart: Entmetallisiert, Chamber Pop

Mit seiner Band iamthemorning hat der russische Meisterpianist GLEB KOLYADIN bereits zwei einzigartige Chamber-Pop-Alben herausgebracht, denen vor allem in der Prog-Szene mit größter Hochachtung begegnet wurde. Entscheidend für die enorme emotionale Wirkung dieser zwei Platten waren jedoch auch der Gesang von Marjana Semkina und die von ihr besungenen Themen, sodass sich die Instrumentalisierung gewissermaßen danach richten musste. Nicht so hingegen beim dem schlicht selbstbetitelten Solo-Debüt des begnadeten Klavierspielers, auf dem sein Instrument ganz klar den Ton angibt – wenngleich GLEB KOLYADIN auch hier zahlreiche namhafte Musiker um sich geschart hat, um ihm bei der Verwirklichung seiner Vision zu helfen.

Dass GLEB KOLYADIN beim Songwriting für seinen Einstand als Einzelkünstler völlig ungebunden seinen Ideen nachgehen konnte, macht sich bereits auf dem Opener „Insight“ bemerkbar: mit ansteckender Leichtherzigkeit und Verspieltheit gibt der Pianist dem Hörer mehr als nur eine Kostprobe seines technischen Könnens. Scheinbar mühelos werden ganze Kaskaden von Noten aneinandergereiht, ohne jedoch den Anschein struktureller Beliebigkeit zu erwecken. Die verschiedenen Stimmungen, die den Veröffentlichungen von iamthemorning innewohnen, sind auch hier anzutreffen.

Neben den flotteren, in ihrer Komplexität überschwänglichen Nummern wie „Kaleidoscope“ gibt es nämlich auch Songs wie „White Dawn“, die mit ihrer eleganten, unaufgeregten Melodieführung zum wohligen Schwelgen einladen, oder nachdenklichere Stücke wie etwa das zehnminütige „Confluence“. Während Soloprojekte oftmals einen gewissen Egotrip-Charakter an sich haben, ist dieser Vorwurf im Fall von GLEB KOLYADIN weitgehend unangebracht. Trotz seiner Vorrangstellung lässt der Tastenvirtuose auch seine Kollegen stets in angemessenem Maß zu Wort kommen, sodass die überwiegend instrumentalen Tracks unter anderem mit vertrackten Schlagzeugrhythmen, spacigen Keyboards („Storyteller“), lässigen Saxophon-Einlagen und herzergreifenden Streichern auftrumpfen.

Obwohl die fantastische Instrumentalisierung schon für sich genommen mit Leichtigkeit die Spannung hochhält, verzichtet GLEB KOLYADIN nicht vollständig auf Gesang: So veredelt Mick Moss (Antimatter) das sehnsüchtig melancholische „Astral Architecture“ mit seinen absichtlich schüchternen Vocals, während Steve Hogarth (Marillion) das Album auf dem abschließenden „The Best Of Days“ mit seiner eigentümlichen Stimme zu einem wundervoll verträumten Ende führt.

Wenn man etwas „mit verbundenen Augen“ beherrscht, dann bedeutet es für gewöhnlich, dass man ein besonderes Talent oder viel Übung hat. Dass sich GLEB KOLYADIN auf diese Weise auf dem Artwork präsentiert, ist eindeutig nicht zu hoch gegriffen: sowohl das komponieren als auch das Klavierspiel scheinen dem guten Mann im Blut zu liegen. Zwar fällt im Vergleich zu seinen Kreationen mit iamthemorning auf, dass ebenjene aufgrund ihres lyrischen Kontextes noch eine Spur packender sind, dennoch liegt auch in seinen vornehmlich instrumentalen Solo-Tracks unheimlich viel Gefühl. GLEB KOLYADIN hat somit erneut ein herausragendes Werk geschaffen, das einen voll und ganz in seinen Bann zieht, ganz so wie es Steve Hogarth im Abschlusstrack besingt: „We forget the storm beyond our bubble“.

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Wertung: 8.5 / 10

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