Ghost - Impera Cover

Review Ghost – Impera

  • Label: Loma Vista
  • Veröffentlicht: 2022
  • Spielart: Hard Rock

Wenn es einen Beweis dafür gibt, dass Rock noch lange nicht tot ist, dann sind es GHOST. Von Anfang an hat die schwedische Band um Tobias Forge alles richtig gemacht: Mit ihrem unverwechselbaren Stil, der den Flirt mit dem Mainstream nie scheute, und ihrem showtauglichen Bandkonzept um Forge als unheiligen Papa Emeritus und seinen Bandmitgliedern, den „Nameless Ghouls“, als Jüngern haben GHOST den perfekten Mittelweg zwischen Sein und Schein gefunden. Dass GHOST mit der Zeit poppiger werden würden, war demnach abzusehen und bis einschließlich „Prequelle“ (2018) keineswegs störend. Auf dem Nachfolger „Impera“ scheinen die ehemaligen Doom-Metaller ihr Konzept konsequenter denn je umzusetzen – doch der Schein hat bekanntlich einen Hang zum Trügen.

Anfänglich schüren GHOST mit dem Album große Erwartungen. Das prunkvolle Artwork – eine Anspielung auf eine Fotografie des im Metal allseits beliebten Mystikers Aleister Crowley – schindet vorweg ebenso viel Eindruck wie die der Platte zugrundeliegende Thematik des Aufstiegs und Falls von Imperien. Das spiegelt sich auch im musikalischen Auftakt des Albums wider: Nach einem mit so lässigen wie triumphalen Gitarrenmelodien und marschierenden Drums aufwartenden Intro („Imperium“) demonstrieren Forge & Co. mit „Kaisarion“, wie „American Idiot“ (2004) klingen würde, hätten Green Day auf ihrer Rockoper einen Kurswechsel in Richtung Glam Rock gewagt. Definitiv nicht, was man sich von GHOST (oder überhaupt irgendjemandem) gewünscht hat, aber doch überraschend packend und darüber hinaus eine überzeugende Vertonung des Gefühls, von naivem Enthusiasmus gepackt für die Errichtung eines großen Reichs zu kämpfen.

Allzu bald entgleitet der Band jedoch sowohl das Konzept als auch die musikalische Zielsicherheit. Das peppige, wenn auch eher banale „Spillways“ ist zwar noch halbwegs spaßig, aber zugleich ein erster Ausblick auf die Schwächen der übrigen, noch folgenden Songs. Auf ihrer Jagd nach immer gefälligerem Songwriting sind GHOST hier leider in die Belanglosigkeit geschlittert.

„Watcher In The Sky“ und „Griftwood“ gerieren sich als großspurige Arena-Rock-Nummern, lassen jedoch die ganz großen Hooks vermissen und wirken dadurch bloß aufgeblasen, während das beinahe unfertig erscheinende „Hunter‘s Moon“ einzig durch seinen eleganten, schwungvollen Pre-Chorus im Stil von ABBA punktet. Die zwei Tiefpunkte des Albums bilden einerseits die kitschige Halbballade „Darkness At The Heart Of My Love“ mit ihrem Stampf-Refrain und das thrashige, melodisch unterentwickelte „Twenties“, das darüber hinaus wegen Forges alberner Texte und Performance zur Lachnummer verkommt („In the twenties / We’ll be taking no shit from no chulas / In the twenties / We‘ll be grabbing ‘em all by the hoo-hahs“).

GHOST haben mehr oder weniger schon immer Musik für die großen Bühnen gemacht. Die vor diesem Hintergrund nur logische, auf „Impera“ vollendete Hinwendung zum Arena Rock ist der Band leider dennoch nicht geglückt. Waren die Songs der Schweden zuvor bei all ihren Mitsingrefrains und augenzwinkernden Texten doch immer musikalisch interessant und markant, so klingen GHOST auf ihrem fünften Album erstmals seicht und austauschbar. Bis auf wenige Ausnahmen wie „Kaisarion“ oder das cool zurückgelehnte „Call Me Little Sunshine“ sind die Songs auf „Impera“ entweder langweilig („Griftwood“) oder sogar unfreiwillig komisch („Twenties“). Man kann nur hoffen, dass GHOST nicht das gleiche Schicksal wie die von ihnen thematisierten Machthaber ereilen und „Impera“ für sie der Anfang vom Ende sein wird.

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Wertung: 5 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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