Ghost Bath - Self Loather Cover

Review Ghost Bath – Self Loather

GHOST BATH polarisieren. Die einen sehen die Amerikaner, die sich in der Anfangsphase ihres Schaffens geheimniskrämerisch als Chinesen ausgegeben haben, als vorausschauende Weiterentwickler einer von Deafheaven groß gemachten, offen emotionalen Form von Black Metal. Die anderen verachten die Band wohl gerade aus diesem Grund. Von dem Erfolg, den GHOST BATH mit „Moonlover“ (2015) und „Starmourner“ (2017) feierten, können die meisten anderen Bands ihres Genres indes nur träumen. Dass das Quintett trotzdem nicht davor zurückschreckt, seine Hörerschaft vor den Kopf zu stoßen, deutet der Schlussteil ihres Album-Triptychons schon in seinem mit der Kontinuität der beiden Vorgänger brechenden Titel an: „Self Loather“.

Wie bei den ersten beiden Teilen der Trilogie lässt sich die Essenz des unter den Eindrücken des Pandemie-Lockdowns entstandenen und ursprünglich den Arbeitstitel „Sunloather“ tragenden Albums mit einem einzigen Wort erfassen. Während „Moonlover“ für Tragik stand und „Starmourner“ Gefühle der Ekstase ergründete, quillt aus „Self Loather“ eine Empfindung, die den Black Metal wie keine andere definiert: Hass – vor allem gegen das eigene Selbst. Dass GHOST BATH ihren Sound spürbar verfinstert haben, hat also einen konzeptionellen Hintergrund. Hoffnung oder gar Euphorie, die auf früheren Veröffentlichungen der Band immer wieder aufblitzten, sind auf „Self Loather“ vollkommen verschwunden.

Dennis Mikulas wortloses Heulen ist einem bösartigen Krächzen gewichen, während die von hörbarer Verzweiflung getriebene Instrumentierung mitunter eine apathische Rohheit an den Tag legt. In mehr als einer Hinsicht arbeiten GHOST BATH auf ihrer vierten LP mit der Holzhammermethode: Spielerische Fehlgriffe, die man schon auf früheren Platten entdecken konnte, sind hier nicht mehr zu überhören und die Kompositionen wirken oft grob und völlig chaotisch zusammengezimmert („Sinew And Vein“). Ebenso holprig erscheint die unausgewogene Produktion, in der die wummernden Gitarren und Drums, die wenigen filigraneren Melodien und die Vocals partout nicht zusammenfinden wollen.

Die Gastbeiträge erretten GHOST BATH leider nur teilweise aus ihrer sich selbst auferlegten Misere. Während etwa CJ McMahon (Thy Art Is Murder) „Hide From The Sun“ mit seinen monströsen Growls noch furchterregender klingen lässt, ist Yasmyn Bonifacios erzwungenes Schluchzen in jenem Track schwer zu ertragen. Das elegante Klavierstück „I Hope Death Finds Me Well“ verschafft dem Album eine dringend notwendige Atempause, mit seinen allzu dünnen Streichern nimmt „Sanguine Mask“ hingegen ein furchtbar armseliges Ende.

Niemand sollte das Gefühl haben müssen, einen Groll wie den auf „Self Loather“ thematisierten gegen sich selbst zu hegen. Ironischerweise verspürt man beim Hören der Platte dennoch den Drang, den liebenswert-nichtsnutzigen Quacksalber Zoidberg aus „Futurama“ zu zitieren und GHOST BATH zuzurufen: „Die Musik ist schlecht, so solltet ihr euch auch fühlen!“ Von wenigen Ausnahmen wie dem imposanten „For It Is A Veil“ abgesehen ist „Self Loather“ ein einziges Desaster. Seinem unrühmlichen Titel wird das Album mit textlichen Ergüssen wie „Suffocate until I no longer breathe / Together we can be free“ („Convince Me To Bleed“), dem zerfahrenen Songwriting und der grobschlächtigen Instrumentierung auf traurige Weise gerecht.

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Wertung: 3.5 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

4 Kommentare zu “Ghost Bath – Self Loather

  1. Ich hatte schon als ich mich ehedem mit dem ersten Album auseinandergesetzt habe, das Gefühl, dass das einfach keine guten Musiker sind – da hat einfach nix gepasst. Von Kreativität jetzt mal ganz abgesehen. In dieses Album hier nur kurz reingehört, und ja, besser ists nicht geworden. Aber Hauptsache Hype … bin insofern ganz bei dir :D

    1. Geht mir interessanterweise genauso, und ich dachte schon, das ist bei mir eine Prinzipsache. ;) Aber wenn Stephan, der mir in letzter Zeit nahezu überkritisch erscheint, das noch desaströser sieht als ich, dann atme ich mal erleichtert auf. ;)
      Tatsächlich gibt es im tiefsten Underground Osteuropas oder Asiens Soloprojekte, die deutlich mehr auf dem Kasten haben, als Ghost Bath auf diesem Album zeigen (nur dass es da eben nicht so gewollt mit einer modernen Produktion aufgedonnert ist). Mal schauen, ob sich der Erfolg der Band trotzdem weiter halten kann. Für mich gibt’s genug Beispiele, an denen man sieht, dass Qualität und Erfolg nicht Hand in Hand gehen müssen.

      1. Schön zu wissen, dass jemand regelmäßig meine Texte mitverfolgt. ;)
        Haha, ja, mir ist auch aufgefallen, dass in letzter Zeit nur wenige Alben mich wirklich beeindrucken. Die Wenigen, die es doch schaffen, lassen mich aber hoffen, dass ich mich nicht einfach nur generell sattgehört habe.
        Und ja, es gibt eindeutig wesentlich fähigere Bands als Ghost Bath. Selbst wenn man diesen Stil grundsätzlich mag. Black Metal mit positivem oder zumindest hoffnungsvollem Grundton finde ich zB von Violet Cold sehr cool umgesetzt, wenn auch nicht immer ganz makellos.

    2. Ja, der Hype ist wirklich übertrieben und ich schätze, die Band war schon immer recht mies an ihren Instrumenten. Aber ich muss schon gestehen, dass ich das Vorgängeralbum immer noch mag, obwohl ich ihm rückblickend wohl vlt 0.5-1 Punkt abziehen würde. Das hatte schon auch seine Makel und war natürlich Geschmackssache (besonders bzgl Screams und Melodien), aber ich fands schon mitreißend. Das hat diese Euphorie, die zB bei Deafheaven manchmal durchkommt, halt echt auf die Spitze getrieben und das ist aus meiner Sicht interessant. Ist auch irgendwo klar, dass die Band schlecht dasteht, wenn dieses Gimmick wegfällt wie eben auf dem neuen Album.

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