Review Gernotshagen – Märe aus wäldernen Hallen

Viel hat sich nicht geändert, mag mancher denken, wenn er das Cover von „Märe aus wäldernen Hallen“ mit dem des 2004er Album „Wintermythen“ vergleicht. Beide ziert ein stimmiges Foto einem Wald. Natürlich ergibt das bei einem Titel wie „Märe aus wäldernen Hallen“, wirklich innovativ ist es natürlich nicht. Doch der scheinbare Stillstand trügt, denn hinter dem Cover auf dem mit 20 Seiten sehr ausführlichen und sehenswerten Booklet verbirgt sich ein Album, das sich sehen lassen kann.

Was für ein erhabener Beginn! Der Titeltrack und Intro „Märe aus wäldernen Hallen“ ist kein Intro, das einfach so dahingerotzt wurde – nein, es erfüllt seinen Zweck den Hörer gierig auf das Album zu machen in Perfektion, so dass man es kaum erwarten kann zu hören, was nach den zauberhaften akustischen Arrangement und Klargesang, der uns auf diesem Album mehr denn je erwartet, folgt. Ein großes Lob diesbezüglich muss man ohne Zweifel Sänger Askalan aussprechen, dem H. Gerull, der Frontmann der Pagan Metal Urgesteine Menhir, dabei beratend zur Seite stand. Danach ist klar: GERNOTSHAGEN haben in den vier Jahren, an denen sie für das Album gearbeitet haben nicht nur vom Met gekostet und sich das ein oder andere Gelage geleistet, sondern ihre ganze Inspiration in dieses Album gesteckt. „Der alte Wald“ ist ein richtiges Schmuckstück mit harten aggressiven Parts, melodischen Keyboards, die zu keinem Zeitpunkt kitschig oder zu aufdringlich werden, und einem grandiosen Wechselspiel zwischen Krächz- und Klargesang, der richtig erhaben klingt. Scheinbar mühelos schaffen es die Thüringer innerhalb ihrer Stücke verschiedenste Stimmungen zu erzeugen und ineinander übergehen zu lassen. Wer nun Blut, Met oder sonst etwas geleckt hat, der wird ab diesem Zeitpunkt wohl nicht mehr die Finger von diesem Album lassen können, denn der nachfolgende Song „Dem Skirnir zu Ehren“ hat einen Suchtfaktor, gegen den Heroin lauwarme Milch ist. Das angezogene Tempo, die galoppierenden Riffs und das unwillkürliche Zucken im Hals – Ja, dieser Song wird live wunderbar funktionieren und man wünscht sich die Band eigentlich sofort auf der Stelle ins Wohnzimmer! Sofern man nicht gleich noch mal die Repeat-Taste betätigt hat, kann man sich nun auf ein richtiges Pagan Metal Feuerwerk freuen. Die Mischung aus epischen, rasenden und erhabenen Elementen wirkt unverbraucht und trotzdem so routiniert, als ob es schon das siebte oder achte Album wäre. Menhir fällt mir an einigen Stellen spontan als Vergleich ein, jedoch kupfert man in keinster Weise ab, so dass dieser Quervergleich als pures Lob angesehen werden sollte. Immer wieder wird man durch die Passagen mit Klargesang, bei denen sich Askalan hinter den seines „Lehrmeisters“ H. Gerull nicht verstecken muss, verblüfft. Normalerweise kann zu viel davon sehr schnell nerven, doch wenn er wie in diesem Fall absolute Weltklasse ist, dann gibt es den Songs diese spezielle Note.

Erstaunlicherweise bleibt das Instrumental „Der Ruf des Heimdalls“ nur schwer hängen und erfordert mehrmaliges Anhören, bis sich der mystische, verworrene, leicht düstere Charakter des Stückes vollständig entfaltet. Nicht ohne Grund, denn das nachfolgende „Schlachten sang der Einherjer“ wahrt diesen Charakter über seine gesamte Länge von fast neun Minuten, ohne an auch nur einer Stelle langweilig zu werden. Vor allem das langsame Erwachen aus einem Zwischenpart, der mich klangsymbolisch an eine düstere Nacht erinnert, durch die der kalte Wind bläst, ist absolut großartig gelungen. Allgemein ist dieser zweite Teil des Albums, zu dem noch „Vali“ und „Skaid“ gehören, um einen Tick anspruchsvoller, etwas schwarzmetallischer, aber nicht minder mitreißend als der erste.

Vier lange Jahre der Arbeit haben sich ausgezahlt und da man sich für die Produktion sehr viel Zeit gelassen hat um sich selbst in die Materie einzuarbeiten klingt das Ergebnis dementsprechend maßgeschneidert mit einem Kompromiss zwischen perfektem Klang und trotzdem noch genug rauem Charakter. Über die musikalischen selber Qualitäten ist keine Diskussion nötig. GERNOTSHAGEN liefern mit „Märe aus wäldernen Hallen“ einen heißen Anwärter auf eines der Alben des Jahres im Pagan Metal. Wer muss da noch in die skandinavische Ferne blicken, wenn man derartig talentierte Bands auch in heimischen Gefilden finden kann. Nachdem GERNOTSHAGEN sich mit „Wintermythen“ einen guten Namen im Underground erspielt haben, so haben sie sich mit „Märe aus wäldernen Hallen“ einen Platz schon recht Nahe bei den Asen gesichert.

Wertung: 9.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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